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Weihnachten der Sinne: Spaziergang in Sachsens Schatzkammer

Der Pretiosensaal im Historischen Grünen Gewölbe im Dresdner Schloss. / Foto: Sebastian Kahnert/dpa-Zentralbild/dpa
Der Pretiosensaal im Historischen Grünen Gewölbe im Dresdner Schloss. / Foto: Sebastian Kahnert/dpa-Zentralbild/dpa

Dank der Kunstsinnigkeit sächsischer Herrscher sind in den Museen viele Kostbarkeiten erhalten, die vor Jahrhunderten schon Raritäten waren. Dazu gehören auch fürstliche Geschenke und Pretiosen zu Weihnachten und Jahreswechsel.

Eine prunkvolle Dose aus seltenem Gestein oder silberne Christkindfiguren: Zu Weihnachten oder zum Jahreswechsel wurde am sächsischen Kurfürstenhof schon in der Renaissance Kostbarstes geschenkt. Die ausgetauschten Gaben erlauben in Sachsens Schatzkammer Grünes Gewölbe einen besonderen Rundgang für die Sinne zum Fest. «Wir haben eine ganze Reihe solcher Objekte, auch mit Geschichten dazu», erzählt der Direktor des berühmten Museums in Residenzschloss, Marius Winzeler. Darunter seien besonders kostbare Exponate, die das Kurfürstenpaar sich oder den Kindern schenkte, «vor allem aus dem späten 16. und aus dem 17. Jahrhundert».

Eines der frühesten nachweisbaren Präsente datiert von 1572. Es ist eine Deckelschale aus grünschimmerndem Serpentin, einem besonderen Stein. «Der war so kostbar, dass man ihn vom Dresdner Goldschmied Urban Schneeweiß in reinem Gold fassen ließ», erzählt Winzeler. Wahrscheinlich die damalige Kurfürstin Anna, eine dänische Prinzessin, ihrem Mann August die Schale zu Weihnachten geschenkt. Das mit den Wappen Kursachsens und des Königreichs Dänemark gravierte Präsent sei bald danach in die «Geheime Verwahrung» gekommen. «Es war ein reines Schmuck- und Schaugefäß.»

In einer anderen Vitrine stehen zwei nackte Knaben, in Silber gegossen, mit güldenem Heiligenschein, auf Sockeln. «Das sind Bornkinnel, wie man im Erzgebirge und der Lausitz sagt, kleine Statuetten des Christuskindes oder Geburtskindes», erklärt Winzeler. «Die wurden in einer größeren Stückzahl für den Hof produziert.» Über mindestens zwei Generationen habe der Kurfürst solche Figuren an seine Frau und Kinder verschenkt, «als privates Andachtsobjekt». Nur zwei dieser Präsente von Johann Georg I. von 1629 blieben erhalten. Sie sind aus Silber, von Hofgoldschmiedemeister Daniel Kellerthaler, kosteten acht Taler und kamen laut Winzeler irgendwann in die Schatzkammer. «1725 sind sie erstmals im Pretiosen-Inventar belegt.»

Wesentlich teurer dagegen waren die vier «Hausbecher» aus purem Gold, die Kurfürst Johann Georg I. Heiligabend seinen Söhnen schenkte. «Die Rechnung datiert von 1635», sagt Winzeler. Der Dresdner Goldschmied Abraham Schwedler hat die je 14 Zentimeter hohen Gefäße aus Münzen hergestellt, sie kosteten 3380 Taler. Mit dem Präsent verbunden war die Maßgabe, dass sie wieder zurückkehren, wenn die Linie der drei jüngeren Brüder, die «Sekundogenitur», versiegt. Hundert Jahre später war das der Fall - und der Becher der Kurfürsten machte das Quartett in der Vitrine komplett.

Die berühmte Kugellaufuhr in Form eines rechteckigen Turms indes war ein Neujahrsgeschenk. Eigentlich hatte sie Christian II. für den Kaiser herstellen lassen, wie Winzeler berichtete. Aber weil seine Gemahlin sehr traurig darüber war, habe er für sie noch eine in Auftrag gegeben. «Sie war total begeistert und vernarrt in diese Automaten, hatte selbst eine sehr bedeutende Sammlung.»

Eine prunkvolle Schmuckkassette, die Christian I. zu Neujahr 1590 von seiner Schwiegermutter erhielt, zählt ebenso zu den weihnachtlichen Objekten wie kostbare Reliefs aus Silber oder Goldreliefs mit biblischen Darstellungen - oder einzigartig aus Sandstein. Das Relief des Freiberger Bildhauers Samuel Lorentz mit Darstellung der Geburt Christi und Anbetung der Hirten befindet sich, lichtgeschützt, im Miniaturenkabinett. «Es entstand eigentlich für einen Taufstein in der Peterskirche der Stadt und machte schon währenddessen Furore», erzählt Winzeler.

Und: «Man war fasziniert, dass es möglich ist, aus sächsischem Sandstein etwas so Filigranes zu machen.» Lorentz habe es aus dem feinsten findbaren Material gehauen «und sogar teilweise mit Sandsteinmehl modelliert». Er konnte überredet werden, dass es der Kurfürst bekam. Ende 1590 ist es in der fürstlichen Kunstkammer inventarisiert. «Von wem, ist ein bisschen unklar.»

Winzeler hofft nun auf weitere Identifizierungen im Zuge des Projekts Bestandskatalog zur Goldschmiedekunst. Dafür werden Akten, Rechnungen oder Korrespondenzen durchforstet, die im Staatsarchiv bewahrt sind. «In unseren Inventar steht eben dazu nur selten etwas so Konkretes.» Die Publikation soll 2024 erscheinen, zu allen etwa 350 Goldschmiedeobjekten der Sammlung. «Nur die reinen ohne Steine.»

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