Der Rückflug mit der Mannschaft aus dem Trainingslager im spanischen La Manga war für Timo Werner am Sonntagmorgen die vorerst letzte Dienstreise für RB Leipzig. Die bevorstehende Leihe des Nationalspielers an Tottenham Hotspur hatte am letzten Tag des ansonsten aufregerfreien Wintercamps für Wirbel gesorgt.
Trainer Marco Rose bestätigte nach dem 1:0 im Testspiel gegen den Schweizer Tabellenzweiten FC St. Gallen, dem Werner lediglich beim Einzeltraining von einem Nebenplatz aus beiwohnte: «Es ist richtig, dass Timo eine Leihe anstrebt.» Über diese sind sich alle Parteien einig, der Deal beinhaltet eine Kaufoption für den Club aus dem Norden Londons.
In Top-Verfassung zurück?
Der Coach erklärte auch, weshalb es aus seiner Sicht für beide Seiten ein sinnvolles Manöver ist, den formschwachen Leipziger Rekordtorjäger abzugeben - zumindest bis zum Sommer. «Timo will Spielpraxis, die ich ihm im Moment nicht garantieren kann. Er möchte zur EM, und vielleicht hilft es auch uns, wenn er dann unter Umständen in Top-Verfassung zurückkommt», sagte Rose.
Werner habe den Anspruch, «unangefochtener Stammspieler zu sein. Die Tendenz ging jetzt nicht in die Richtung, deswegen ist es für beide Seiten eine gute Entscheidung». Eine «Luftveränderung», so der Trainer, tue Werner möglicherweise gut, der sich bei RB zuletzt in eine Sackgasse gedribbelt hatte.
Lob von der Insel
Bei den Spurs könnte Werner tatsächlich aufblühen. Die offensive Spielweise unter Trainer Angelos Postecoglou kommt dem Angreifer entgegen, zudem ist durch die Abstellung von Heung-min Son zum Asien-Cup Einsatzzeit praktisch garantiert. Und obwohl Werners erstes Insel-Gastspiel beim FC Chelsea von 2020 bis 2022 nicht unbedingt erfolgreich war, gab es Lob für den Transfer.
«Wenn er das richtige Timing bei seinen Läufen hat, kann er für Chaos sorgen», sagte der 21-malige Nationalspieler und heutige TV-Experte Paul Merson. «Ich war etwas hart zu ihm, als er bei Chelsea war. Aber er ist schnell wie ein Blitz und es sieht so aus, als liege ihm die Geschwindigkeit bei Tottenham.» Nur an einer Sache müsse Werner arbeiten: «Er war bei Chelsea viel zu oft im Abseits.»
Im Leipziger Trainingslager zeigte sich der 27-Jährige zwar in besserer Verfassung als im vergangenen halben Jahr. Er wirkte wieder selbstbewusster und integrierter im Team. Doch möglicherweise bewirkte das auch der bevorstehende Wechsel zu den Spurs.
Womöglich kein Werner-Ersatz
Ob die frei gewordene Stelle nachbesetzt wird, ist noch unklar. RB habe 18, 19 Spieler, die regelmäßig auf Spielzeit kämen, zählte Rose auf. Eigentlich genug, wenn nun noch der lange verletzte Dani Olmo und Zugang Eljif Elmas dazukommen und Benjamin Sesko mehr Spielzeit bekommen soll.
«Wir schauen uns um, auch ich werde die Augen offen halten», sagte Rose. Doch ob überhaupt ein Ersatz nötig ist, hängt davon ab, wie gut RB im Januar in die Spur findet. «Wir werden sicher keinen Schnellschuss machen und die Nerven verlieren.»
Mit dem Trainingslager waren Spieler und Trainer höchst zufrieden. Bei besten Bedingungen nahm sich Rose Zeit für Grundlegendes im Kreativspiel, ließ in intensiven Einheiten mit viel Akribie Abläufe für mehr Variabilität in der Offensive einstudieren. Rose schärfte Spielaktivität, Positionsspiel, Tiefgang und Breite im Spiel, ließ Verlagerungen, Hereingaben, Flankenspiel und Abschlüsse gegen tief stehende Gegner üben und nahm seine Spieler dabei durchaus auch verbal hart ran.
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