Nach monatelanger Sperrung fließt der Verkehr auf der Bad Schandauer Elbbrücke wieder. Infrastrukturministerin Regina Kraushaar (CDU) und Bürgermeister Thomas Kunack räumten die Absperrung am frühen Nachmittag von der Straße. Nach der Öffnung überquerten erste Autos und Passanten die Brücke. Sie ist nun für Pkw und Lkw bis 7,5 Tonnen sowie Radfahrer und Fußgänger freigegeben.
Fahrzeuge mit einem höheren Gesamtgewicht müssen weiterhin die eingerichtete Umleitung nutzen. Die Polizei und die zuständige Verkehrsbehörde überwachen die Einhaltung der Gewichtsbeschränkung. An einer Lösung für den Nahverkehr wird gearbeitet. Hier sind laut Infrastrukturministerium vertiefende Nachrechnungen erforderlich.
Bürgermeister: Last fällt von den Schultern
Bürgermeister Kunack zeigte sich erleichtert. «Heute fällt im Privaten wie im Gewerblichen ein ganzes Stück Last von den Schultern», sagte er am Vormittag bei einer Pressekonferenz in Dresden und bedankte sich bei den Menschen vor Ort, die die herausfordernde Situation in den vergangenen Wochen mitgetragen hätten. Für die Region seien die vergangenen 155 Tage eine Mammutaufgabe gewesen.
Ein Belastungsversuch in der vergangenen Woche hatte die Öffnung möglich gemacht. Mit einem Schwerlastmodul und Gewichten von bis zu 320 Tonnen wurde die Tragfähigkeit der Spannbetonbrücke geprüft. Dabei gab es keinerlei Schäden oder Auffälligkeiten, wie Brückenexperte Steffen Marx, Professor an der TU Dresden, erläuterte.
Die Benutzung der Brücke sei für das freigegebene Lastniveau absolut sicher, betonte er. «Wir haben viel mehr Last auf der Brücke gehabt, als sie wahrscheinlich in der Vergangenheit überhaupt jemals abbekommen hat.»
Der Versuch habe das bestmögliche Ergebnis gebracht, so Marx. «Das macht uns Mut.» Möglicherweise sei das Bauwerk zukunftsfähig, das könne man aber noch nicht abschließend sagen. Ob die vorhandenen Schäden durch eine Sanierung behoben werden können, wird nun geprüft.
Planungen für Behelfsbrücke und Ersatzneubau gehen weiter
Parallel gehen die Planungen für eine Behelfsbrücke und einen Ersatzneubau weiter. Dabei halte man an der bisher vorgesehenen Terminkette fest, sagte Stephan Berger, Abteilungsleiter Mobilität beim Infrastrukturministerium. Laut vorherigen Angaben soll die Behelfsbrücke einige Meter stromaufwärts entstehen. Noch für dieses Jahr ist der Baubeginn geplant, eine Fertigstellung wäre frühestens Anfang 2026 möglich. Die Kosten sollen bei rund 31 Millionen Euro liegen.
Laut Ministerium sind die erforderlichen Brückenteile bereits beim Fernstraßen-Bundesamt angefordert - «wenn man so will, im Hamsterverfahren», so Ministerin Kraushaar. Man könne die Teile relativ zügig bekommen. Die Behelfsbrücke könnte laut Kraushaar einige Jahre lang stehen. Wenn sie nicht mehr gebraucht wird, kann sie abgebaut und an einem anderen Ort wieder aufgebaut werden.
Auch der Ersatzneubau wird weiterhin geplant. Laut Angaben des Landesamtes für Straßenbau und Verkehr wird dieser voraussichtlich rund 3,5 Jahre dauern.
Spannstahl wie in Carolabrücke verbaut
Die Elbbrücke in Bad Schandau war am 7. November überraschend aus Sicherheitsgründen für sämtlichen Verkehr gesperrt worden. Das hatte erhebliche Einschränkungen zur Folge, denn die nächste Brücke für den Straßenverkehr quert 20 Kilometer entfernt in Pirna die Elbe. Der Schiffsverkehr kann inzwischen wieder uneingeschränkt passieren.
Vorausgegangen war eine Sonderprüfung nach dem Teileinsturz der Dresdner Carolabrücke am 11. September 2024. Bei beiden Bauwerken ist Henningsdorfer Spannstahl verbaut. Da die Brücke in Bad Schandau unmittelbar nach der Carolabrücke in ähnlicher Bauweise errichtet wurde, galt sie als ähnlich gefährdet für sogenannte Spannungsrisskorrosion, die in Dresden den Einsturz eines von drei Brückenzügen verursacht haben soll. In Dresden wird unterdessen der Abriss der kompletten Brücke vorbereitet.
Marx: Sperrung «goldrichtig»
«Das war goldrichtig, diese Brücke zunächst erst mal aus dem Verkehr zu ziehen», sagte Marx. Zum Glück habe es bei dem Einsturz in Dresden keine Toten und Verletzten gegeben und das wolle man auch nicht haben - natürlich auch nicht in Bad Schandau. Dem Ministerium bescheinigte Marx sehr gutes Krisenmanagement. Mit dem Belastungsversuch sei man einen höchst ungewöhnlichen Weg gegangen. Ein solches Projekt habe es in Deutschland noch nie gegeben.
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