Den Kindergärten in den großen Städten Sachsens fehlen zunehmend die Kinder. Einige werden deswegen schließen müssen. «Der Einbruch bei den Geburten ist stärker als ursprünglich angenommen», sagte die Abteilungsleiterin im Dresdner Amt für Kindertagesbetreuung, Sabine Grohmann, in einer Umfrage der Deutschen Presse-Agentur. Deshalb sollen in Dresden bis 2026 zunächst sechs und bis 2029 weitere fünf Kindergärten mit zusammen rund 3500 Plätzen schließen. Erzieherinnen würden jedoch nicht entlassen. «Wir wollen die Möglichkeit nutzen, eine Reserve schaffen und die Bildungs- und Betreuungsqualität weiter verbessern.» Geschlossen würden nur Kitas, die einst ohnehin in Raumcontainern einquartiert wurden, um Spitzen bei der Betreuung aufzufangen.
Den Überhang bei Betreuerinnen, der beim Rückgang der Kinder entsteht, nennt Kultusminister Christian Piwarz (CDU) «demografische Rendite». Die Einrichtungen sollten an ihrem Personaltableau festhalten. «Damit würden wir die Qualität stärken.» Laut Ministerium wurden 2022 in 3072 Einrichtungen fast 318.000 Kinder betreut. In den vergangenen zehn Jahren sei die Zahl um mehr als 50.000 Kinder gestiegen. Der Scheitelpunkt sei jedoch überschritten. Der bisherige Höchstwert habe 2020 bei mehr als 326.200 Kinder gelegen. Prognosen zufolge werde die Zahl der unter Sechsjährigen bis 2025 um etwa zehn Prozent weiter sinken.
Grohmann zufolge war ein Rückgang bei den Geburten durchaus einkalkuliert, weil schon in den 90er-Jahren weniger Dresdner und vor allem weniger Dresdnerinnen zur Welt kamen. «Es fehlen einfach die Mütter», sagte Grohmann. Nicht vorhergesehen war jedoch, dass in der einstigen Geburtenhauptstadt Deutschlands die Geburtenrate von einst 1,6 auf jetzt 1,24 Kinder je Frau einbrach. Grohmann zufolge werden statt der aktuell gut 21.000 Kinder im Alter von drei bis sieben Jahren in drei bis fünf Jahren nur noch etwa 17.600 in die Kitas kommen.
Laut Grohmann soll der Rückgang genutzt werden, um die Betreuung zu verbessern. Die Arbeit der Erzieherinnen und Erzieher sei in den vergangenen Jahren immer komplizierter und anspruchsvoller geworden. Immer mehr Kinder seien sozial-emotional auffällig und hätten deutliche Unterstützungsbedarfe, erklärte Grohmann. Diese seien aggressiv gegen sich, andere Kinder und die Betreuerinnen, ordneten sich nur schwer ein und bedürften mehr Zuwendung. Es gebe auch immer mehr Kinder mit Defiziten in der sprachlichen Entwicklung. Andere Kinder etwa aus Flüchtlingsfamilien müssten wegen der Sprachbarriere besonders unterstützt werden. Mit einem Betreuungsschlüssel von derzeit 17,7 Kindern je Betreuerin sei das kaum zu bewältigen.
Nur noch fast 5000 Kinder sind im vergangenen Jahr in Leipzig geboren worden, etwa 1000 weniger als 2022. Der Rückgang werde sich schätzungsweise bis 2027 fortsetzen, sagte eine Sprecherin der Stadt. Erst dann werde vor allem durch Zuzüge wieder ein moderates Wachstum bei Kindern und Einwohnern prognostiziert. Folglich rechne die Stadt zunächst mit einem sinkenden Bedarf an Plätzen in Kindertageseinrichtungen.
Die Stadt will die Zeit nutzen, um Kindergärten Stück für Stück zu sanieren oder vom Netz zu nehmen. Einige Standorte könnten zeitweise genutzt werden, um andere Einrichtungen zu sanieren oder dienten als Reserve. Ein positiver Effekt des Geburtenrückgangs sei, dass in Kindertageseinrichtungen wieder mehr Raum pro Kind zur Verfügung stehe, hieß es. Die Qualität der pädagogischen Arbeit werde besser.
In Chemnitz sollen ab Sommer fünf kommunale Kindertagesstätten keine neuen Kinder mehr aufnehmen. Der Bedarf sei wegen sinkender Geburtenzahlen rückläufig, hieß es. Spätestens im Sommer 2027 sollen diese Einrichtungen nach jetziger Planung vollständig schließen.
Aktuell stellt die Stadt nach eigenen Angaben für 64 Prozent der Chemnitzer Kinder im Krippenalter einen Betreuungsplatz zur Verfügung. Im Jahr 2022 sei dieses Angebot aber nur von durchschnittlich 52 Prozent angenommen worden. Auch für Kinder im Kindergartenalter sei das Platzangebot größer als der Bedarf.
Copyright 2024, dpa (www.dpa.de). Alle Rechte vorbehalten