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Bundespräsident Steinmeier ruft zu Gesprächsbereitschaft in doppelt jubiläumigen Jahr auf

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hält die Rede "35 Jahre Friedliche Revolution, 75 Jahre Grundgesetz – Wie steht es um unsere Demokratie?" auf der Leipziger Buchmesse. / Foto: Jan Woitas/dpa
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hält die Rede "35 Jahre Friedliche Revolution, 75 Jahre Grundgesetz – Wie steht es um unsere Demokratie?" auf der Leipziger Buchmesse. / Foto: Jan Woitas/dpa

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier warnt vor Abschottung und Verharren in eigenen Positionen und betont die Notwendigkeit von Offenheit und Vertrauen in der Gesellschaft.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat die Menschen in Deutschland zu Gesprächsbereitschaft miteinander aufgerufen und vor Abschottung und Verharren in den eigenen Positionen gewarnt. In einer Gesellschaft, die so vielfältig wie die deutsche sei, werde es immer unterschiedliche Erfahrungen, unterschiedliche Resonanzräume geben, je nachdem, wo man lebe und aufgewachsen sei, sagte Steinmeier am Donnerstag in einer Rede auf der Leipziger Buchmesse nach dem vorab veröffentlichten Redemanuskript. «Nur eines darf nicht passieren: Dass diese unterschiedlichen Erfahrungswelten zu isolierten Rückzugsorten werden, um die herum Mauern hochgezogen werden.»

Unsere Gesellschaft brauche «Neugier statt Selbstbespiegelung, Offenheit statt Rückzug, Vertrauen statt Misstrauen, Vorschläge statt Vorwürfe», sagte Steinmeier. «Denn politische Kraft haben wir nur als Gemeinschaft und nicht, wenn wir uns in erster Linie als Opfer von Unterschieden sehen.» Nötig seien Tatkraft für die bevorstehenden großen Herausforderungen, Vertrauen in uns selbst und eine gemeinsame Erzählung unserer Demokratie. «Wir sind ein starkes Land, das auch in der Vergangenheit Krisen gemeistert hat - mit Tatkraft und Ideen. Vertrauen wir darauf, dass uns das auch in Zukunft gelingen wird.»

Wenn die Deutschen in diesem Jahr auf 75 Jahre Grundgesetz und auf 35 Jahre Mauerfall zurückblickten, könnten sie auf vieles stolz sein. «Vieles in unserer Demokratie ist geglückt. Uns einfach gelassen zurücklehnen, das können wir trotzdem nicht in diesem doppelten Jubiläumsjahr», betonte Steinmeier. Denn unsere Demokratie werde von außen und im Inneren stärker als früher bedroht. «Deshalb ist dieses doppelte Jubiläumsjahr ein Jahr der Freude und der Bewährung. Unsere Demokratie zu schützen und zu stärken, sie wehrhafter zu machen, das ist die Bewährung, vor der wir stehen.»

Steinmeier sagte, er sehe etwas mit Sorge, dass gerade viele Ostdeutsche das Gefühl hätten, 75 Jahre Grundgesetz seien nicht ihr Jubiläum. Er wünsche sich, das doppelte Jubiläum von Grundgesetz und Mauerfall gemeinsam zu feiern. «Im klaren Bewusstsein, dass erst 1989 das Freiheitsversprechen des Grundgesetzes für alle Deutschen eingelöst worden ist. Und mit ebenso klarem Blick, dass wir zu jeder Zeit, gerade auch heute wieder, gefragt sind, die Versprechen des Grundgesetzes neu einzulösen.»

Der Bundespräsident würdigte die neue Generation von ostdeutschen Schriftstellerinnen und Autoren, die zur Zeit des Mauerfalls noch Kinder oder noch gar nicht geboren gewesen seien. Er nannte beispielhaft Anne Rabe, Manja Präkels, Lukas Rietzschel und Matthias Jügler. «Hier aus dem Osten unseres Landes erklingt eine deutlich vernehmbare Stimme. Eine Stimme, die vielfältig und in sich wiederum vielstimmig ist. Eine Stimme, die neu und anders erzählt», sagte Steinmeier. «Und diese Stimme ist eine Bereicherung für uns alle.»

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