Sachsens AfD-Landeschef Jörg Urban ist Spitzenkandidat seiner Partei für die Landtagswahl im September und will sie dann zur stärksten Kraft machen. Beim Landesparteitag in Glauchau entfielen rund 92 Prozent der gültigen Stimmen auf den 59-Jährigen. Einen Gegenkandidaten gab es nicht. Nach der Landtagswahl habe die AfD eine reale Chance, die Machtfrage zu stellen und eine neue Regierung zu führen, sagte Urban am Donnerstagabend. Mit wem die AfD eine Koalition bilden will, sagte er nicht. Bisher ist keine andere Partei im Landtag zu einem solchen Bündnis bereit. Das Landesamt für Verfassungsschutz hat den AfD-Landesverband als «gesichert rechtsextremistische Bestrebung» eingestuft.
Von einem Schicksalsjahr sprach auch der Bundesvorsitzende Tino Chrupalla: «Wir wollen Regierungsverantwortung übernehmen.» Kritik äußerte er vor allem an der CDU und ihrem Landesvorsitzenden Michael Kretschmer, den er als «politischen Raubkopierer» titulierte.
In seiner Bewerbungsrede kritisierte Urban hohe Strompreise, niedrige Renten und geringes Wirtschaftswachstum, «Klimagedöns» und den Rundfunkbeitrag. Er mahnte eine «blaue Wende» hin zu einer patriotischen Politik in Deutschland an, die von Sachsen ausgehen solle. Blau ist die Farbe der AfD. Ziel sei, dass seine Partei künftig den Ministerpräsidenten im Freistaat stelle. «Unser Land brennt und die Brandstifter sitzen in der Regierung.» Die CDU sei Hauptverursacher der Probleme. Deswegen sei es für Sachsen das Beste, wenn die CDU künftig in der Opposition sei.
Urban, studierter Wasserbauingenieur, ist seit 2018 Vorsitzender der AfD in Sachsen und steht auch der Landtagsfraktion vor. 2019 erzielte die Partei mit 27,5 Prozent Platz 2 hinter der CDU (32,1). Auch damals war Urban Spitzenkandidat seiner Partei. In den meisten Umfragen lag sie zuletzt vor den Christdemokraten.
Die Partei hat für die Aufstellung der Landesliste vier Tage veranschlagt. Bis Sonntag soll über bis zu 75 Listenplätze abgestimmt werden. Einen Listenvorschlag des Landesvorstandes gibt es nicht. Auf die Plätze 2 und 3 wurden am Donnerstagabend Generalsekretär Jan Zwerg und Landesvize Joachim Keiler gewählt.
Bei der Landtagswahl 2019 hatte es Querelen um die AfD-Liste gegeben. Im Vorfeld hatte der Landeswahlausschuss eine Kürzung der Landesliste beschlossen und dafür formale Mängel geltend gemacht. Er ließ deshalb nur 18 der 61 AfD-Bewerber zu. Die AfD sah darin ein politisches Manöver. Das Verfassungsgericht Leipzig entschied später, dass die AfD mit 30 Listenkandidaten antreten darf. Trotz vieler gewonnener Direktmandate konnte sie von den ihr zustehenden 39 Landtagsmandaten nur 38 übernehmen.
Für Samstagnachmittag haben mehrere Initiativen zu einer Demonstration gegen die AfD an deren Tagungsort, der Sachsenlandhalle in Glauchau, aufgerufen. Laut dem Zwickauer Landratsamt wird mit bis zu 500 Teilnehmern gerechnet.
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