Die beschädigte und akut einsturzgefährdete Dresdner Carolabrücke soll bis Jahresende Geschichte und die Schifffahrt auf der Elbe schon im Sommer wieder uneingeschränkt möglich sein. Die Stadt plant ab Juni die Beseitigung der noch stehenden Brückenzüge A und B schnell, sicher und mit nur geringen Behinderungen. Die Reste des Bauwerks aus DDR-Zeiten werden mit Hilfe eines speziellen technischen Verfahrens im Brückenbau abgebrochen, sagte Baubürgermeister Stephan Kühn (Grüne).
Die Vorbereitungen für das Großprojekt beginnen nach Abschluss der derzeit laufenden Kampfmittelsondierung und sollen neun Wochen dauern. Bis Juni werden Stützkonstruktionen für die über Land führenden Brückenteile auf beiden Seiten errichtet und die noch ins Wasser ragenden Teile des zerstörten und teils abgebrochenen Brückenzugs gesichert. Danach können die über dem Fluss liegenden Mittelteile der Trassen A und B abgetrennt, auf Pontons abgelegt, ausgeschwommen und am Ufer zerlegt werden. Dann soll der Abriss der restlichen Brückenteile jenseits der Fahrrinne folgen.
Nur temporäre Einschränkungen für die Schifffahrt
«Es gilt nun, schnell zu sein», sagte Baubürgermeister Kühn mit Verweis auf eine ausreichende Restsicherheit für die Arbeiten unter der Brücke und Planungssicherheit für die Schifffahrt, die nur temporär eingeschränkt sein soll. Das Großprojekt birgt laut Kühn aber einige Risiken. Es brauche den richtigen Wasserstand, die richtige Technik und trotz der gebotenen Eile noch zahlreiche Genehmigungen. «Wenn alles nach Plan läuft, ist die Fahrrinne ab Sommer wieder frei.»
Die Stadt tue alles dafür, um die Schifffahrt auf der Bundeswasserstraße zu gewährleisten und den Staatsvertrag mit Tschechien für den freien Zugang zum Meer zu erfüllen, sagte Dresdens Oberbürgermeister Dirk Hilbert (FDP). Er zeigte sich enttäuscht vom ausbleibenden Engagement des Bundes über die übliche ÖPNV-Förderung und Bauwerksuntersuchungen hinaus. Auf Anfragen nach Unterstützung von Abriss und Neuaufbau der Brücke, über die eine Bundesstraße führte, gab es bisher keine Antwort. «Das ist außerordentlich bedauerlich, es ist eine nationale Angelegenheit.»
Bis zu 18 Millionen Euro Kosten - Stadt erwartet Hilfe vom Bund
Allein die Abrisskosten kalkuliert die Stadt auf bis zu 18 Millionen Euro. «Wir haben die Erwartung, dass der Bund uns dabei unterstützt, die Schifffahrtsrinne zügig freizuräumen», sagte Kühn. Die Einsturzgefahr der Brücke habe sich seit Jahresbeginn mit mehreren Brüchen in Spanndrähten noch einmal verschärft, es bestehe «Gefahr für Leib und Leben». Das machte den Verzicht auf eine europaweite Ausschreibung und die sofortige Auftragsvergabe für deren Abriss an eine Firma möglich.
Abbruchfirma spricht von «geordnetem Rückbau»
Das Unternehmen aus der Region bot laut Hilbert das überzeugendste Konzept und hat viel Erfahrung mit großen Brückenbauvorhaben - auch in Dresden. «Eine einsturzgefährdete Brücke über einem großen Fluss in Innenstadtlage abzureißen, ist auch für uns eine besondere Aufgabe», sagte Geschäftsführer Thomas Alscher von der Hentschke Bau GmbH. «Aktuell setzen wir alle Hebel in Bewegung, um schnell die Pontons und weitere notwendige Technik vor Ort zu haben und den geordneten Rückbau zu starten.»
Der westliche Verkehrsstrang der Carolabrücke brach in der Nacht zum 11. September 2024 überraschend auf etwa 100 Metern Länge ein. Seitdem sind die beiden noch stehenden Züge des Bauwerks aus DDR-Zeiten gesperrt. Der zerstörte Teil der Elbquerung und wichtigen Nord-Süd-Verbindung, über die auch eine Bundesstraße führt, wird seit Wochen abgebrochen. Aufgrund der gewachsenen Einsturzgefahr drängten Fachleute auf einen schnellen Komplettabriss.
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