Kylian Mbappé litt auf der Bank. Mit verschränkten Armen musste er tatenlos mitansehen, wie die selbst ohne den Superstar hochkarätige Offensivkraft von Vize-Weltmeister Frankreich auch im zweiten Spiel der Fußball-EM kein selbst erzieltes Tor zustande brachte. «Ich würde mir mehr Sorgen machen, wenn wir keine Chancen herausspielen würden», meinte Trainer Didier Deschamps zwar: «Aber um Spiele zu gewinnen, muss man natürlich auch Tore schießen.»
In der Heimat macht sich bereits Unruhe breit. «Zu Beginn der Vorbereitung auf die EM galten die großen Zweifel noch der Defensive. Etwas mehr als drei Wochen später mehren sich die Fragezeichen auf der anderen Seite des Feldes», schrieb «Le Parisien». Die Nullnummer gegen die Niederlande am Freitag in Leipzig ließ die Bedenken weiter wachsen.
Chancen hatte allein Antoine Griezmann en masse, aber auch Mbappés Stellvertreter als Kapitän und diesmal in geliebter zentralerer Offensivposition brachte den Ball einfach nicht über die Linie. «Bei zwei Gelegenheiten ist mir der Ball an den Füßen hängen geblieben», erklärte er: «Uns fehlte in beiden Spielen die Effizienz.» Trotz Spielern wie Griezmann, wie Frankreichs Rekordtorschütze Olivier Giroud, trotz Ousmane Dembélé oder Marcus Thuram.
Frankreichs Siegproblem ohne Mbappé in der Startelf
Denn in 180 Minuten EM in Deutschland plus Nachspielzeit hat Titelmitfavorit Frankreich noch keinen eigenen Treffer erzielt. Beim 1:0 gegen Österreich hatte ein Eigentor für den Sieg der Franzosen gesorgt. Und das trotz eines Mbappé, der sich am Montag erst in der Schlussphase verletzt hatte. Gegen die Elftal ließ Deschamps ihn komplett auf der Bank, nachdem er sich tags zuvor eigentlich zuversichtlich und optimistisch gezeigt hatte.
Von einem Bluff wollte Deschamps aber nichts wissen. «Wenn es ein entscheidendes Spiel gewesen wäre, hätte ich vielleicht zweimal darüber nachgedacht», sagte er. «Nachdem was alles geschehen ist, dachte ich, es ist die bessere Entscheidung.» Ohne Mbappé haben die Franzosen aber ein Siegproblem.
Bayerns Coman über Mbappé: Mit ihm ist es immer besser
Von den vergangenen sechs Spielen, in den er nicht in der Startformation gestanden hatte, gewannen sie keines, es gab stattdessen vier Unentschieden und zwei Niederlagen. «Kylian ist Kylian, den kann man mit keinem anderen vergleichen», sagte Deschamps. «Kylian war nicht auf dem Platz und natürlich ist es immer besser mit ihm», betonte Kingsley Coman vom FC Bayern.
Wird Mbappé also am kommenden Dienstag (18.00 Uhr) gegen Polen wieder spielen? Das ist die Frage, die Fußball-Frankreich mindestens bis dahin beschäftigen wird. Mit den vier Punkten aus den Spielen gegen Österreich und die Niederlande ist die Ausgangsposition fürs Weiterkommen ausgesprochen gut. Mit einem Sieg oder einem Unentschieden gegen Polen wäre alles klar.
Eine Niederlage könnte sogar noch für Platz zwei reichen, sollten die Niederlande gegen Österreich gewinnen oder einen Punkt holen. Falls Frankreich die Vorrunde auf Rang drei beendet, wären die geholten vier Punkte eine gute Ausgangslage für einen Platz unter den vier besten Gruppendritten. Um von derartigen Rechnereien verschont zu bleiben, würde den Franzosen eines helfen: Das Tor treffen.
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