Eine Entscheidung im Fall des fristlos gekündigten Wassersprung-Bundestrainers Lutz Buschkow wird nicht vor April erwartet. Das Arbeitsgericht Halle (Saale) hat diesen Fall erneut vertagt. Die Vorsitzende Richterin Gabriele Firzlaff urteilte am Mittwoch noch nicht darüber, ob die vom Deutschen Schwimm-Verband (DSV) im Oktober 2022 im Zuge eines Missbrauchsfalls ausgesprochene Entlassung rechtens war oder nicht. Grund für die Verschiebung sind weitere Ankündigungen der Streitparteien für Verhandlungen zu möglichen außergerichtlichen Einigungen, auch wegen neuer arbeitsrechtlicher Erkenntnisse. Sollte es keine außergerichtliche Einigung geben, legte das Arbeitsgericht fest, dass die Parteien bis zum 3. April ein Ergebnis ihrer Gespräche vorlegen müssen. Anschließend wird ein Verkündungstermin bekannt gegeben. Bei diesem kann es ein Urteil geben, jedoch können auch weitere Verhandlungstage anberaumt werden.
In der Dokumentation der ARD unter dem Titel «Missbraucht - Sexualisierte Gewalt im deutschen Schwimmsport» hatte der frühere Weltklasse-Wasserspringer Jan Hempel im August 2022 erstmals die Vorwürfe des sexuellen Missbrauchs gegen seinen 2001 gestorbenen langjährigen Trainer Werner Langer öffentlich gemacht. Demnach hatte Langer sich von 1982 bis 1996 an dem Olympia-Zweiten von Atlanta 1996 vergangen. In dem Film warf der heute 51 Jahre alte Hempel dem DSV und auch Buschkow vor, schon 1997 von den Vorwürfen gewusst, aber nichts Entscheidendes getan zu haben.
Laut Hempel soll Buschkow damals von der Bundestrainerin Ulla Klinger über die Vorfälle informiert worden sein. «Das kann ich nicht bestätigen», hatte Buschkow im August gesagt. Er war 1997 Bundestrainer Nachwuchs und Sichtung am Bundesstützpunkt in Berlin, aber auch Betriebsratsvorsitzender des DSV.
Im Vergleich zum ersten Verhandlungstermin im Mai 2023 geht es mittlerweile nicht mehr um die Buschkow-Forderung einer Wiedereinstellung. Sein Anstellungsvertrag beim DSV war am 1. September vergangenen Jahres mit Erreichen des Rentenalters beendet worden. Ein Anschlussvertrag, der bis zum Ende der Olympischen Spiele in Paris gelten sollte, war nur mündlich mit dem früheren DSV-Präsidenten Marco Troll geschlossen worden. Eine Entfristungsklage Buschkows sei nicht rechtzeitig in einer Drei-Wochen-Frist eingegangen, wies die Richterin hin.
Damit würden sich die Buschkow-Forderungen nur noch auf die Entschädigung für die Zeit von Oktober 2022 bis Ende August 2023 beziehen. «Die bisherigen Forderungen sind für uns nicht erfüllbar», sagte DSV-Vizepräsident Wolfgang Rupieper nach der Verhandlung und warb noch einmal für eine außergerichtliche Einigung. «Diese wäre gut für den Rechtsfrieden, denn egal, wie ein Urteil ausgeht, würde eine Seite in die Berufung gehen und damit noch Jahre dauern», sagte Rupieper.
Der DSV-Vizepräsident wies noch einmal darauf hin, dass all die jetzigen juristischen Auseinandersetzungen nicht nötig gewesen wären, hätte es 1997 Strafanzeigen gegen Täter und Mitwisser gegeben. Die mittlerweile eingesetzte unabhängige Aufarbeitungskommission des DSV würde am 1. Mai ihren Abschlussbericht vorlegen. Unabhängig von den zivilgerichtlichen Entscheidungen würde darin die Frage von Schuld und Unschuld aufgedeckt.
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