In einer lebhaften Podiumsdiskussion mit Vertretern aus Wirtschaft, Bildung und Politik wurden heute Abend in Radebeul verschiedene Perspektiven und Lösungsansätze zum akuten Fachkräftemangel erörtert. Die Diskussion offenbarte eine Vielzahl von Themenfeldern und Herausforderungen, aber auch innovative Ideen, die das Potential haben, die Arbeitswelt in Sachsen nachhaltig zu verändern.
Thema 1: Bildung und Ausbildung
Max Jankowsky, Geschäftsführer der Gießerei Lößnitz GmbH und Präsident der IHK Chemnitz, unterstrich die Dringlichkeit, den Mangel von 300.000 Fachkräften bis 2030 durch eine stärkere Fokussierung auf MINT-Fächer und eine Anpassung der Bildungsinhalte an die Lebenswirklichkeit anzugehen. Darüber hinaus appellierte er für mehr Zuversicht und Selbstvertrauen in Sachsen. „Warum glaubt TSMC an Sachsen, aber Sachsen nicht an sich selbst?“, fragte er und betonte die Notwendigkeit von Motivation und Glaube an die eigenen Stärken. Dass diese in Sachsen definitiv vorhanden sind, darüber waren sich alle Teilnehmer einig.
Amy Kirchhoff, Vorsitzende des Landesschülerrats in Sachsen, ist Vertreterin der Generation Z und wies auf die Bedeutung der psychischen Gesundheit und praktischen Erfahrungen im Bildungssystem hin. „Gebt der Bildung Sinn, dann lernen die Kinder auch“, sagte sie und forderte mehr Praktika und einen direkteren Dialog zwischen Politik, Wirtschaft und Schülern.
Thema 2: Arbeitsmarkt und Wirtschaft
Die Diskussion um Arbeitsbedingungen zeigte deutliche Unterschiede in der Wahrnehmung zwischen den Generationen. Marko König, Geschäftsführer der EZG eG, appellierte an die Jugend, die Work-Life-Balance kritisch zu hinterfragen und die Bedeutung von Fleiß und Ehrgeiz zu erkennen. Sylvia Pfefferkorn vom Verein „Wirtschaft für ein weltoffenes Sachsen“ betonte die Rolle der Unternehmer in der Gesellschaft, sie seien es, die die Karren ziehen, und die Notwendigkeit, Handwerksberufe positiver zu sehen.
Thema 3: Technologie und Innovation
Dem Aspekt, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer länger im Arbeitsmarkt bleiben können erteilte König eine Absage, insbesondere in körperlich anspruchsvollen Berufen sei es häufig nicht möglich über das 60. Lebensjahr hinauszuarbeiten.
Gleichzeitig wurde immer wieder gesagt, dass neue Technologien und Innovationen ein wichtiger Schlüssel sein werden, um die Herausforderungen zu meistern. Der sächsische Wirtschaftsminister, Martin Dulig, sagte, dass wir durch die aktuelle Krise eine unglaubliche Chance hätten Innovationen zu entwickeln. Einfach weil wir es jetzt müssen.
Obwohl nicht explizit angesprochen, läge beispielsweie in der Nutzung von Exoskeletten zur Unterstützung körperlich anstrengender Arbeit ein ungenutztes Potential. Diese könnten helfen, die Arbeitsbedingungen zu verbessern und ältere sowie körperlich eingeschränkte Menschen länger im Arbeitsprozess zu halten und länger auf deren Know-how zurückzugreifen. In der Pflege werden solche unterstützenden Systeme schon heute getestet.
Thema 4: Flexible Arbeitsmodelle
In der Diskussion um den Fachkräftemangel trat auch die Idee einer 4-Tage-Woche in den Vordergrund, eine Diskussion, die bisher noch ungünstig geframt zu sein scheint. Sollte der Arbeitnehmermarkt diese Form der Arbeitswoche bevorzugen, müssen tragfähige Lösungen entwickelt werden. Es gibt durchaus praktikable Modelle: So könnte eine Verlängerung des Arbeitstages auf 10 Stunden vier Arbeitstage pro Woche ermöglichen, ohne dass die gesamte Wochenarbeitszeit sich ändert. Eine weitere Option könnte die Umstrukturierung von drei Schichtbetrieben in zwei 12-Stunden-Schichten sein, was sogar eine 3-Tage-Woche erlauben würde, ausgehend von einer 36-Stunden-Woche. Um die gesamte Woche von Montag bis Freitag abzudecken, könnten unterschiedliche Teams von Montag bis Donnerstag und von Dienstag bis Freitag arbeiten. Solche Modelle könnten nicht nur zur Lösung des Fachkräftemangels beitragen, sondern auch die Arbeitszufriedenheit und Work-Life-Balance verbessern, indem sie den Mitarbeitenden längere zusammenhängende Freizeitphasen ermöglichen.
Thema 5: Politik und Rahmenbedingungen
Martin Dulig sprach die Teilzeitquote in Sachsen an und die Notwendigkeit, dass die Politik Rahmenbedingungen schafft, die Unternehmertum ermöglichen und Innovation fördern. Die Diskussion zeigte, dass eine enge Zusammenarbeit zwischen allen gesellschaftlichen Akteuren erforderlich ist, um Sachsen als attraktiven Arbeitsort zu positionieren.
Fazit
Die Podiumsdiskussion in Sachsen hat deutlich gemacht, dass der Fachkräftemangel ein komplexes Problem ist, das eine Vielzahl von Lösungsansätzen erfordert. Bildung, die Integration von Technologie in die Arbeitswelt, flexible Arbeitszeitmodelle und eine Neubewertung gesellschaftlicher Werte und Einstellungen sind zentrale Elemente, die es zu adressieren gilt. Die Nutzung von Exoskeletten und die Diskussion um eine 4-Tage-Woche sind Beispiele für innovative Ansätze, die in Sachsen weiter verfolgt werden sollten, um den Fachkräftemangel effektiv zu bekämpfen und das Bundesland für die Zukunft stark zu machen.