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Oliver Schenk im Interview: Visionen und Herausforderungen für Sachsen in Europa

Oliver Schenk, CDU Sachsen, Spitzenkandidat zur Europawahl 2024 (Bild: CDU Sachsen)
Oliver Schenk, CDU Sachsen, Spitzenkandidat zur Europawahl 2024 (Bild: CDU Sachsen)

Im exklusiven Interview erläutert Oliver Schenk, Spitzenkandidat der CDU Sachsen für die Europawahl, seine Strategien und persönlichen Ansichten.

Oliver Schenk, Spitzenkandidat der CDU Sachsen für die Europawahl, steht vor großen Herausforderungen und Chancen, die das Herz Europas und speziell Sachsens betreffen. In einem umfassenden Interview äußert er sich zu einer Vielzahl von Themen, die sowohl die lokale als auch die europäische Ebene tangieren. Von der Zukunft des Forschungsstandorts Sachsen, über die Integration und den sozialen Zusammenhalt in Deutschland bis hin zu seinen persönlichen Eindrücken und Zielen im Rahmen seiner politischen Laufbahn.

Schenk spricht über die Bedeutung Sachsens im Zentrum Europas und die Rolle der Region in der geopolitischen Landschaft, gerade auch in Bezug auf aktuelle Konflikte wie in der Ukraine. Er erörtert die wichtigen wirtschaftlichen und sozialen Impulse, die durch die europäische Integration entstehen und betont die Notwendigkeit einer starken Zusammenarbeit innerhalb der EU, um den Herausforderungen wie der illegalen Migration und der Sicherung der wirtschaftlichen Zukunft Sachsens wirksam zu begegnen.

Ebenso nimmt Schenk Stellung zur kürzlich in das CDU-Grundsatzprogramm aufgenommenen Idee einer deutschen Leitkultur. Er definiert, was Leitkultur für ihn bedeutet und wie sie das Zusammenleben in Deutschland prägen soll. Seine Antworten bieten einen tiefen Einblick in seine Ansichten und die politischen Schwerpunkte, die er für Sachsen und Europa verfolgt.

Durch seine langjährige Erfahrung in der Sächsischen Staatskanzlei und seine Positionen zu aktuellen Themen wird deutlich, wie engagiert Schenk daran arbeitet, die Verbindung zwischen lokalen Bedürfnissen und europäischen Zielen zu stärken. Lesen Sie weiter, um zu erfahren, wie Oliver Schenk plant, Sachsen eine entscheidende Rolle in Europa zu sichern und welche persönlichen Motivationen ihn antreiben.

Europäische Integration und lokale Verwurzelung

DieSachsen.de: Herr Schenk, Sie treten als Spitzenkandidat der CDU Sachsen für die Europawahl an. Wie möchten Sie die Interessen Sachsens auf europäischer Ebene vertreten und welche konkreten sächsischen Anliegen sehen Sie dabei im Vordergrund?

Oliver Schenk: Sachsen profitiert von einem starken Europa. Der Freistaat liegt im Herzen der EU. Das bringt viele Chancen, aber auch Herausforderungen mit sich. Ich bin fest davon überzeugt, dass sich Sachsen und Deutschland nur behaupten können, wenn Europa zusammenhält und sich bei geopolitischen Fragen und Fragen des Welthandels gemeinsam positioniert. Viele Unternehmen im Freistaat haben ihren Hauptabsatzmarkt innerhalb der Europäischen Union. So wird hier Wohlstand geschaffen, von dem die Menschen profitieren. Ich möchte mich auch dafür einsetzen, dass wir stärker mit unseren polnischen und tschechischen Nachbarn kooperieren. Mit ihnen gemeinsam können wir wichtige Zukunftsthemen voranbringen. Ich denke dabei zum Beispiel an die Mikroelektronikindustrie. Schon jetzt ist Silicon Saxony das Herz der europäischen Chipindustrie – ganz gezielt gefördert durch die EU. Auch beim Thema Eindämmung der illegalen Migration braucht es eine enge Zusammenarbeit der EU-Mitgliedsstaaten. Das spüren die Menschen in den sächsischen Grenzregionen jeden Tag. Mir ist es auch ein großes Anliegen, dass die Sachsen Europa im Alltag wahrnehmen. Also vor allem in ihrem direkten Lebensumfeld, wo Kommunen von Förderprogrammen profitieren. Die EU ist entscheidend dafür, dass sich der Freistaat in allen Regionen weiterhin als lebens- und liebenswerte Heimat entwickeln kann. Mein Ziel ist es, Sachsen eine starke Stimme im Europäischen Parlament zu geben und so dazu beizutragen, dass unser Land künftig noch mehr von der EU profitiert.

Erfahrungen und Eindrücke aus der Ukraine

DieSachsen.de: Kürzlich haben Sie Charkiw besucht und einen Partnerschaftsvertrag unterzeichnet. Welche persönlichen Eindrücke haben Sie von diesem Besuch mitgenommen und wie bewerten Sie die Rolle Sachsens in der internationalen Zusammenarbeit, insbesondere in Krisenzeiten? Wie beeinflussen die aktuellen Angriffe Russlands in der Region die geplante Partnerschaft.

Oliver Schenk: Mit unserer neuen Partnerschaft setzen wir ein klares Zeichen: Der von Russland geführte Angriffskrieg gegen die Ukraine wird uns nicht spalten. Er wird die Ukraine und Europa noch näher zusammenbringen. Solche Partnerschaften sind eine wichtige Grundlage für eine gemeinsame europäische Zukunft. Städte- und Regionalpartnerschaften bringen Menschen zusammen. Sie leisten einen entscheidenden Beitrag, in dem wir zum Beispiel auf dem Weg der Ukraine zu einer perspektivischen EU-Mitgliedschaft beratend zur Seite stehen. Die Zusammenarbeit mit Charkiw knüpft an bestehende Verbindungen, etwa in der Wissenschaft, an und soll ein wichtiges Element beim Wiederaufbau der Region werden.

Forschung und Innovation in Sachsen

DieSachsen.de: Als Verfechter des Forschungsstandorts Sachsen, welche Schritte halten Sie für notwendig, um Sachsen als führenden Innovationsstandort in Europa zu etablieren? Gibt es spezielle Projekte oder Initiativen, die Sie fördern möchten?

Oliver Schenk: Forschung, Entwicklung und Produktion müssen eng in einander greifen. Es muss uns also einerseits gelingen, Forschungseinrichtungen anzusiedeln, die an bestehende Industrien anknüpfen und sie noch innovativer machen. Zum anderen können Forschungszentren und -institute die Keimzelle für Industrien sein, die sich dann in Regionen erst neu entwickeln. Der Ausbau der sächsischen Mikroelektronikproduktion wird für Forschung eine wichtige Triebfeder sein. EU, Bund und Land müssen gemeinsam daran arbeiten, dass aus den Braunkohleregionen innovative Zukunftsregionen werden. Ein wichtiger Schritt dafür ist die Ansiedlung von Großforschungszentren. Erfolgreich gelungen ist das schon beim Deutschen Zentrum für Astrophysik in der sächsischen Lausitz und dem Center for the Transformation of Chemistry im Mitteldeutschen Revier. Diesen Weg müssen wir weiter gehen und so dafür sorgen, dass es wieder mehr Innovation Made in Germany gibt.

Wirtschaftspolitik und Unternehmensförderung

DieSachsen.de: Inwieweit planen Sie, kleine und mittelständische Unternehmen in Sachsen zu unterstützen? Welche Maßnahmen sehen Sie als essentiell an, um ein wirtschaftsfreundliches Klima zu schaffen und was bedeutet das konkret für die lokale Wirtschaft?

Oliver Schenk: Kleine und mittelständige Unternehmen sind die Herzkammer der sächsischen und deutschen Wirtschaft. Sie stehen vor vielen Herausforderungen, die sie oft härter treffen als große Konzerne. Ein Multimilliarden-Konzern kann sich schnell von einem Standort verabschieden, sobald sich für ihn die Rahmenbedingungen ändern. Unser Mittelstand kann das nicht. Deshalb hat auch die EU die Verantwortung, diese Unternehmen zu stärken. Ich möchte, dass wir Unternehmern wieder mehr vertrauen und weniger vorschreiben. Auf EU-Ebene müssen deshalb Vorschriften abgebaut werden, die eine bürokratische Belastung bedeuten. EU-Kommissionspräsidenten Ursula von der Leyen hat zugesagt, sich dafür einzusetzen. Wichtig ist auch, dass der Klimaschutz nicht zu Lasten der Wettbewerbsfähigkeit unserer Unternehmen geht.

Bildung und Föderalismus

DieSachsen.de: Sie befürworten föderalistische Ansätze in der Bildungspolitik. Wie stellen Sie sich die Zukunft der Bildungspolitik in Sachsen vor, und wie könnte Ihrer Meinung nach eine effektive Balance zwischen bundesweiten Standards und regionaler Autonomie aussehen?

Oliver Schenk: Alle Vergleiche zeigen, dass Sachsens Schülerinnen und Schüler zu den besten Deutschlands gehören. Darauf können wir alle miteinander stolz sein, sollten uns aber darauf nicht ausruhen. Ich finde, das gute Schulsystem in Sachsen hat auch etwas damit zu tun, dass Bildung eben Ländersache ist. Es zeigt sich klar, dass wir im Freistaat die richtigen Schwerpunkte gesetzt haben. Wir sollten weiter dafür sorgen, dass es zum Beispiel eine bessere Vergleichbarkeit von Abschlüssen gibt. Dafür darf es aber keine Absenkung von Leistungsstandards geben. Der Bund sollte sich mehr beim Thema Infrastruktur einbringen: Digitalisierung der Schulen und Schulhausbau. Damit würden die Länder eine wichtige Unterstützung erfahren.

Künstliche Intelligenz und Ethik

DieSachsen.de: Mit Blick auf Ihre Schwerpunkte im Bereich KI, wie sehen Sie die ethischen Herausforderungen im Umgang mit Künstlicher Intelligenz und welche Maßnahmen sollten ergriffen werden, um eine verantwortungsbewusste Entwicklung und Nutzung von KI zu gewährleisten?

Oliver Schenk: Wie für so vieles gilt auch in den Bereichen KI und Digitalisierung, dass wir zuerst die Chancen und nicht die Probleme sehen sollten. Uns muss es gelingen, dass KI nicht nur in der Spitzenforschung oder der Hightechindustrie Anwendung findet, sondern beispielsweise auch im Handwerk. Fakt ist: KI kann die Medizin revolutionieren, wird unsere ökonomische Ordnung beeinflussen und unsere Bildung verändern. Unsere Hoffnung sollte sein, dass die KI uns als Menschheit voranbringt. Nach welchen Regeln und ethischen Standards, das hat die EU mit dem KI-Gesetz bereits vorgegeben. Dabei sind für mich zwei Aspekte in der neuen Gesetzgebung besonders wichtig: KI muss in der Letztinstanz immer vom Mensch kontrolliert werden können und der e Gesetzgebung darf keine Bremse für zukünftige Entwicklungen sein. Wie die Balance zwischen den Chancen und den Herausforderungen für uns ausgestaltet wird, darüber müssen wir eine Diskussion führen.

Persönliche Motivation und Ziele

DieSachsen.de: Was hat Sie dazu bewegt, in die Politik zu gehen und nun für das Europäische Parlament zu kandidieren? Welche persönlichen Ziele und Visionen möchten Sie auf europäischer Ebene verwirklichen?

Oliver Schenk: Seit mehr als sechs Jahren bin ich Chef der Staatskanzlei und Staatsminister im Kabinett von Michael Kretschmer. In den sechs Jahren habe ich immer wieder gesehen, welche Bedeutung die europäische Ebene für uns im Freistaat Sachsen hat. Damit meine ich zum einen natürlich die Möglichkeiten, die uns die europäischen Fonds eröffnen: Etwa 20 Milliarden € sind an europäischen Mitteln in Sachsen in der Landwirtschaft, in der Gesundheitsversorgung oder in der öffentlichen Infrastruktur investiert worden. Das sind wichtige Investitionen! Ich meine aber auch alles darüber hinaus: Die Arbeitnehmerfreizügigkeit, der Austausch mit unseren Nachbarn und die Abstimmung bei Herausforderungen wie zuletzt bei der Corona-Pandemie. Das alles ist leichter durch den europäischen Rahmen. Ich möchte dabei mitwirken, die europäische Komponente mit zu gestalten und möchte für Sachsen eine starke Stimme in Brüssel sein.

Herausforderungen der Zuwanderungspolitik

DieSachsen.de: Sachsen steht vor der Herausforderung, qualifizierte Zuwanderung zu fördern, während gleichzeitig irreguläre Zuwanderung in die Sozialsysteme kontrolliert werden muss. Warum ist es so schwierig, einen Ausgleich zwischen diesen beiden Anforderungen zu finden, und welche Maßnahmen halten Sie für notwendig, um diese Balance zu erreichen?

Oliver Schenk: Wir sollten immer genau zwischen gezielter Zuwanderung von Fachkräften und irregulärer Migration unterscheiden. Die EU und Deutschland müssen noch mehr dafür tun, um für qualifizierte Zuwanderung attraktiv zu sein. Auch Sachsen ergreift hier verschiedene Mittel, um Pflegekräfte und andere Arbeitskräfte aus dem Nicht-EU-Ausland anzuwerben. Wir müssen klar definieren, welche Anforderung wir an Zuwanderer haben und dann für eine schnelle und gute Integration sorgen. Wer gegen Ausländer hetzt und unser Land abschotten will, der gefährdet eine gute Zukunft und Wohlstand für unser Land.

Europäische Ziele und Strategien

DieSachsen.de: Als Spitzenkandidat der CDU für die Europawahl, welche konkreten Ziele verfolgen Sie auf europäischer Ebene, um die Zuwanderungspolitik effektiv zu gestalten? Wie planen Sie, die Interessen Sachsens in eine gemeinsame europäische Lösung für die Flüchtlingsproblematik einzubringen?

Oliver Schenk: Die Bekämpfung illegaler Migration ist eine Aufgabe, der sich die EU-Mitgliedsstaaten und ihre Partner gemeinsame stellen müssen. Alles andere kann nicht erfolgreich sein. Es braucht einen besseren Schutz der EU-Außengrenzen, die Durchführung von Asylverfahren in sicheren Drittstaaten sowie eine bessere Unterstützung bei der Unterbringung von Flüchtlingen in der Nähe ihrer Herkunftsländer. Es braucht auch eine gerechtere Verteilung von Asylsuchenden innerhalb der EU. Daran wird schon zu lange mit wenig Erfolg gearbeitet. Es braucht dort endlich handfeste Ergebnisse.

Definition und Bedeutung der Leitkultur


DieSachsen.de: Der Begriff "Leitkultur" wurde kürzlich in das Grundsatzprogramm der CDU aufgenommen. Was verstehen Sie persönlich unter "Leitkultur", und wie sollte sie Ihrer Meinung nach das Zusammenleben in Deutschland prägen?

Oliver Schenk: Leitkultur bedeutet für mich etwas Verbindendes, das unsere Gesellschaft zusammenhält. Das sind zum Beispiel die Achtung der Würde jedes einzelnen Menschen und die daraus folgenden Grund- und Menschenrechte, unser Rechtsstaat, Demokratie, Respekt und Toleranz. Für mich zählt auch das Bewusstsein von Heimat und Zugehörigkeit dazu, genauso wie die Kenntnis der deutschen Sprache und Geschichte sowie die Anerkennung des Existenzrechts Israels. Unsere Leitkultur anzuerkennen, richtet sich nicht nur an Migranten, sondern gilt auch für alle anderen in unserem Land.

Ziele und Wirkungen einer Leitkultur

DieSachsen.de: Welche konkreten Ziele verfolgen Sie mit der Verankerung einer Leitkultur im Grundsatzprogramm der CDU, und welche Auswirkungen erwarten Sie sich davon auf die gesellschaftliche Integration und den sozialen Zusammenhalt in Deutschland?

Oliver Schenk: Eine gemeinsame Leitkultur definiert Regeln unseres Zusammenlebens wie das Grundgesetz auch. In beidem sind Werte verankert, die wir verteidigen müssen und die den Zusammenhalt unserer Gesellschaft stiften. Leitkultur und Grundgesetz sind das, worauf wir uns bei allen Unterschieden einigen. Sie sind somit Basis eines guten Zusammenlebens in unserem Land. Darüber hinaus geben diese Werte wie Gleichberechtigung, Achtung der Menschenwürde Orientierung. Wir sollten sie selbstbewusst vertreten und jeden Tag dafür einstehen.

DieSachsen.de: Vielen Dank für Ihre Zeit und viel Erfolg bei den Europawahlen.

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Das Interview wurde am 21. Mai 2024 schriftlich durch Thomas Wolf geführt.
Transparenzhinweis: Thomas Wolf ist ebenfalls Mitglied der CDU.