Der echte Macke (2)
Stichwort Aschaffenburg – nicht nur uns im Kreis Meißen beschäftigt dieses Thema. Ein 2jähriges Kind wurde hinterrücks erstochen, ein Mann, der Zivilcourage zeigen und helfen wollte, ist ebenfalls zu Tode gekommen. Viele Verletzte, viele Traumatisierte. Der aus Afghanistan stammende Täter war seit Jahren in Deutschland, vielfach auffällig, gewalttätig, ausreisepflichtig. Empörung und Wut, Verzweiflung und Trauer bestimmen zu Recht die Reaktionen.
Aus der Berliner Politik kommen wieder – wie in den vergangenen vergleichbaren Fällen – die allbekannten Sprachregelungen: Anteilnahme, Täter psychisch belastet, schweres Schicksal, bedauerlicher Einzelfall, jetzt wird etwas passieren. Nein, das reicht mir jetzt, ich kann es kaum noch hören.
Geert Mackenroth war mal sächsischer Justizminister, lange sächsischer Landtagsabgeordnete der CDU und Ausländerbeauftragter des Freistaates Sachsen. Er wohnt in Radebeul und kennt sich in Riesa gut aus, das war mal sein Wahlkreis. Seine Heimat ist Schleswig-Holstein. Dort oben war er Staatsanwalt, Amtsrichter und sogar Präsident eines Landgerichts. Er versteht was von Gesetzen. Im Ehrenamt betreut er als Landesvorsitzender des Weißen Rings Opfer von Straftaten und arbeitet im sächsischen DRK mit. Unter dem Titel "Der echte Macke" wird er hier fortan gelegentlich seine Meinung zu aktuellen politischen Vorfällen, auch im Lokalen, zur Debatte stellen.
Ich erkenne eben mehr als einen Einzelfall, nämlich ein durchaus veritables Staatsversagen, ein – wie es Christian Lindner gesagt hat – „Muster aus Herkunft, Auffälligkeiten und Ausreiseverpflichtung“. Ich will ein weltoffenes und tolerantes Sachsen, ein freiheitliches Deutschland, und wir brauchen gerade auch im Kreis Meißen Fachkräfte aus dem Ausland, und wir müssen diejenigen, die hier sind, anständig behandeln – alles richtig, aber das alles muss zu unseren Regeln stattfinden und darf nicht zu Lasten der Sicherheit gehen. Ich kann nicht umhin, der Berliner Restkoalition und Frau Faeser eine teilweise Mitschuld an der Entwicklung der letzten Jahre und damit auch an dem Vorfall von Aschaffenburg zuzuweisen – Täterschaft durch Unterlassen nennt das der Jurist. Nichts Entscheidendes ist passiert in den letzten Jahren, und auch meine Partei hat etwa durch die Rücknahme von zielführenden Gesetzesanträgen im Bundestag nicht gerade geglänzt. Aus Angst, die AfD könnte einem inhaltlich guten Antrag zustimmen, hat man allseits darauf verzichtet, das zu tun, was überfällig ist und was eigentlich alle Fachleute fordern.
Deren Rezepte sind überall nachzulesen. Europa hat mittlerweile regiert, und auch nahezu alle unsere Nachbarländer sind in dieser Hinsicht aktiv geworden. Nur wir nicht. Wir haben kein Erkenntnis- , sondern ein Umsetzungsdefizit. Ein Beispiel: Den Zuständigkeitswirrwarr bei Abschiebungen nutzt die Berliner Innenministerin wunderbar für das bekannte Schwarze-Peter-Spiel und zeigt lustvoll mit dem Finger auf die angeblich untätigen Länder mit ihren überlasteten Ausländerbehörden. Ergebnis: Stillstand. Abhilfe: Übertragung der Zuständigkeit für Abschiebungen auf den Bund. Dafür braucht es ein kurzes, schlankes Gesetz – jeder weiß es, keiner macht es. Weitere Beispiele sind in großer Zahl verfügbar.
Wird es besser nach der Bundestagswahl am 23. Februar, wird dann endlich das Nötige auch bei uns ins Gesetzblatt geschrieben, werden wir dann die politischen Mehrheiten dafür haben? Hoffentlich, aber ich bin skeptisch. Viele Akteure haben sich festgelegt: Hauptsache ohne die AfD. Wir sind aber in den Umfragen rechnerisch nur noch wenige Prozentpunkte von einem anderen Szenario entfernt. Ob dies eintritt, entscheiden die Wählerinnen und Wähler. Auch meine Hoffnung stirbt zuletzt. Aber Aschaffenburg darf sich bitte nicht mehr zu oft wiederholen. Also: Augen auf beim Ausfüllen des Stimmzettels!
Die Gastkolumne ist die persönliche Meinung des Autors und spiegelt nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wider. Diskussionen dazu sind herzlich willkommen unter der Mailadresse: elbland@diesachsen.com.