Die Vision für das Leipziger Neuseenland ist schön und bunt: Kanäle und Schleusen sollen die aus Tagebauen entstandenen Seen verbinden, mit Ausflugs- oder Paddelbooten sollen die Menschen von der Leipziger Innenstadt bis zum Zwenkauer oder Störmthaler See gelangen können. Doch am Freitag verdunkelte das sächsische Oberbergamt das Bild kräftig. Der Harthkanal, wichtiges Verbindungsstück in dem Gewässerverbund, soll nicht gebaut werden. Die Kosten seien viel zu hoch, teilte das Amt mit. Die Kommunen in der Leipziger Region zeigten sich maßlos enttäuscht - wollen aber noch nicht aufgeben.
Der rund 750 Meter lange Harthkanal sollte zwischen dem Cospudener und dem Zwenkauer See gebaut werden. Er sollte eine Funktion für den Hochwasserschutz erfüllen, aber auch von Booten und Schiffen befahren werden können. Eine Abstimmung zwischen den Behörden und dem Bergbausanierer LMBV habe jetzt ergeben, dass es wegen extremer Kostensteigerungen «keine Voraussetzungen für die Fortführung des wassertouristischen Teils» mehr gebe, so das Oberbergamt. Die wassertechnischen Anlagen müsse und wolle die zuständige LMBV aber bauen.
Der Harthkanal sollte schon längst fertig sein. Doch auf der Baustelle unterhalb der Autobahnbrücke der A38 tat sich schon lange nichts mehr. Die LMBV hatte die Kosten für einen schiffbaren Kanal voriges Jahr auf 150 Millionen Euro beziffert. Bei den jetzt nötigen neuen Planungen soll laut Oberbergamt zumindest die Option offengehalten werden, die wassertouristische Verbindung «in späterer Zeit» doch noch realisieren zu können.
Bei der Steuerungsgruppe Leipziger Neuseenland, einem Zusammenschluss der Kommunen aus der Region, herrschte am Freitag «sehr deutliche Enttäuschung», wie der Sprecher, der Leipziger Landrat Henry Graichen (CDU), sagte. Die Absage für das Projekt habe sich im Grunde seit zwei Jahren abgezeichnet. Man wolle sie aber «nicht unwidersprochen hinnehmen». Alle Beteiligten in der Steuerungsgruppe seien sich einig, dass der Harthkanal trotzdem kommen müsse.
Das Aus «wäre eine herber Rückschlag für die touristische Entwicklung der Region», sagte auch Benedikt Kahlstadt, Geschäftsführer bei der Sächsischen Seebad Zwenkau GmbH, die den Hafen in Zwenkau betreibt und Anlegeplätze für Boote vermietet. Die Attraktivität der Region würde laut Kahlstadt darunter leiden, falls die beiden Seen nun doch nicht verbunden werden. Auch negative wirtschaftliche Folgen seien möglich. Der einzige positive Aspekt sei seiner Ansicht nach, dass nach jahrelangen Diskussionen nun endlich Klarheit herrschen würde und damit auch eine «gewisse Planungssicherheit».
Die Steuerungsgruppe Neuseenland hofft allerdings auf einen Ausweg: Wenn sich der schiffbare Kanal nicht wie geplant im Zuge der Braunkohlesanierung finanzieren lasse, dann vielleicht mit Strukturwandel-Geldern im Zuge des Kohleausstiegs. «Ob das möglich ist, wollen wir jetzt mit dem Freistaat besprechen», sagte Graichen. Bei allen neuen Planungen für die wassertechnischen Anlagen müsse dabei der schiffbare Harthkanal unbedingt mitgedacht werden.
Auch an anderer Stelle des Neuseenlands gibt es nach wie vor Probleme. Ein Kanal mit Schleuse zwischen dem Markkleeberger und dem Störmthaler See musste 2021 wegen Rissen gesperrt werden. Das Schleusenbauwerk war erst 2013 in Betrieb genommen worden. Wann der Störmthaler Kanal saniert und wieder freigegeben werden kann, ist völlig offen.
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