Die Probleme und Verzögerungen beim Bau des geplanten Großgefängnisses im sächsischen Zwickau stellt den Thüringer Strafvollzug aus Gewerkschaftssicht vor enorme Probleme. «Wir bezweifeln nicht die Notwendigkeit einer gemeinsamen Anstalt mit Sachsen, aber die Fehlentwicklungen und das finanzielle Fiasko darf nicht zulasten der Thüringer Beamten gehen», forderte der Landesvorsitzende des Bundes der Strafvollzugsbediensteten in Thüringen, Ronny Rüdiger.
Die Ungewissheiten über die Kosten und den Fertigstellungstermin erschwerten die Personalplanungen für alle fünf Gefängnisstandorte im Freistaat. Zugleich sei ein Umdenken beim Verteilen der finanziellen Mittel für den Thüringer Strafvollzug notwendig, sagte Rüdiger. Der längere Betrieb unwirtschaftlicher Anstalten wie Hohenleuben erfordere nun auch die Umsetzung von Bauprojekten, die so nicht geplant gewesen seien. Das Geld dürfe nicht beim Personal gespart werden, warnte Rüdiger mit Blick auf die ohnehin schon angespannte Beschäftigungssituation im Strafvollzug.
Das alte Gefängnis im ostthüringischen Hohenleuben soll mit der neuen Haftanstalt in Zwickau geschlossen werden. Zudem sollen auch Bedienstete aus Thüringen in Zwickau ihren Dienst verrichten. Nachdem Sachsen als Bauherr aber dem Generalplaner für den Gefängnisneubau gekündigt hatte, hat sich die Eröffnung der gemeinsamen Haftanstalt beider Freistaaten auf unbestimmte Zeit verschoben.
Außerdem wird mit einem weiteren Anstieg der Kosten gerechnet. Thüringen ist mit 42 Prozent an der Finanzierung beteiligt. Das Gefängnis hatte schon 2019 in Betrieb gehen sollen, zuletzt war von Anfang 2025 die Rede. Zugleich haben sich die Kosten von ursprünglich 150 Millionen Euro inzwischen mehr als verdoppelt. Rüdiger befürchtet, dass damit noch nicht das Ende der Fahnenstange erreicht ist.
Der mit Sachsen geschlossene Staatsvertrag zu dem neuen Gefängnis schreibe zwar die Kostenbeteiligung für Thüringen fest, räume dem Land aber sonst keinen weiteren Einfluss ein. «Thüringen hat damals nicht die besten Konditionen verhandelt», sagte Rüdiger. Eine Möglichkeit, den Staatsvertrag mit Sachsen zu kündigen, sieht die Gewerkschaft derzeit nicht.
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