Im Prozess um die millionenschweren Gold- und Silberdiebstähle beim Hamburger Kupferhersteller Aurubis hat das Landgericht fünf der sechs Angeklagten zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt. Nur ein Angeklagter (50) erhielt als Helfer eine Bewährungsstrafe von zwei Jahren. «Sie haben in unterschiedlicher Zusammensetzung gestohlen und gehehlt», sagte der Vorsitzende der Großen Strafkammer, Nils Godendorff, am Freitag in Richtung der Angeklagten. Fünf Männer zwischen 33 und 47 Jahren erhielten Freiheitsstrafen zwischen drei Jahren sowie fünf Jahren und zehn Monaten wegen schweren Bandendiebstahls oder gewerbsmäßiger Hehlerei.
Das gestohlene Material soll nach Meinung der Kammer knapp 5000 Kilogramm schwer gewesen sein. Hätte Aurubis es verkauft, wird der Wert auf rund zehn Millionen Euro geschätzt. Die Beute sollen die Täter an bislang unbekannte Abnehmer veräußert haben. Ein Großteil des Diebesgutes sei zur Analyse und weiteren Verwendung an Metall verarbeitende Betriebe in der türkischen Metropole Istanbul versandt worden, lautete die Anklage. Zur internen Kommunikation benutzten die sechs Männer sogenannte Kryptohandys. Die Angeklagten waren zum Teil wegen kleinerer Delikte vorbestraft. Sie alle machten im Prozess eine Aussage, in der sie die Taten teilweise einräumten.
Laut Anklage hatten die Täter in unterschiedlichen Konstellationen die Zwischen- und Nebenprodukte zwischen Februar 2020 und Januar 2021 vom Aurubis-Firmengelände im Stadtteil Veddel abtransportiert. Die sogenannten Rohsilberfegsel enthielten nach Angaben der Staatsanwaltschaft um die 85 Prozent Silber, aber auch etwa 3 bis 5 Prozent Gold. Die Rohsilberrückstände entstehen bei Metallrecycling- und Aufbereitungsprozessen. Es ging im Prozess, der gut elf Wochen dauerte, um insgesamt zwölf Straftaten.
Den Angaben zufolge handelte es sich bei fünf der Angeklagten um aktive und ehemalige Mitarbeiter des Konzerns beziehungsweise Mitarbeiter von Fremdfirmen, die auf dem Werksgelände des Kupferherstellers tätig waren.
In der Wohnung des Hauptangeklagten in der Nähe von Stade (Niedersachsen) hatten Polizeibeamte eine Pistole und Munition gefunden, für die der 37-Jährige keine Genehmigung hatte. Darum wurde er auch wegen Verstoßes gegen das Waffengesetz verurteilt. Er sei aber nicht der Bandenchef gewesen, der sei unbekannt geblieben, war der Vorsitzende Richter überzeugt. Der 37-Jährige sei allenfalls der zweite Chef gewesen. Vier weitere Angeklagte haben einen Wohnsitz in Niedersachsen, der 47 Jahre alte Verurteilte lebte in Hessen. Alle Angeklagten müssen in unterschiedlicher Höhe Wertersatz in Bezug auf die Tatbeute zahlen.
Godendorff betonte, die Überwachung bei Aurubis sei zu diesem Zeitpunkt nur mäßig organisiert gewesen. Lange sei diese verschwundene Menge bei dem Unternehmen nicht aufgefallen. Die Kammer gehe davon aus, dass es bei den Verbrechen noch viele weitere helfende Hände gegeben habe.
Aurubis war in mehreren Fällen bis in die jüngste Zeit das Ziel von Kriminellen. Unter dem Strich sprach das Unternehmen im vergangenen Dezember bei der Präsentation der Jahresergebnisse für 2022/23 (30. September) von einem Fehlbestand an Metallen im Wert von 169 Millionen Euro. Unter anderem wegen der lange unentdeckten Schäden müssen Vorstandschef Roland Harings und zwei weitere Vorstände das Unternehmen vorzeitig verlassen. Das hatte Aurubis am 23. Januar nach einer Sitzung des Aufsichtsrates bekannt gegeben.
Harings teilte nach dem Urteil mit: «Wir begrüßen das konsequente und rasche Vorgehen von Polizei und der Justiz gegen diesen Fall von organisierter Kriminalität. Die teils hohen Haftstrafen zeigen die Schwere der Taten und werden sicher eine abschreckende Wirkung entfalten.» Das Unternehmen habe seine Präventions- und Sicherheitsstandards inzwischen verbessert, um das Risiko von Diebstahl und Betrug in Zukunft zu minimieren. Aurubis ist nach eigenen Angaben der weltweit führende Anbieter von Nichteisenmetallen und einer der größten Kupferrecycler der Welt.
Bekannt geworden war der Fall Mitte Juni. Damals ließ die Staatsanwaltschaft mehr als 30 Objekte in fünf Bundesländern durchsuchen. Dabei waren die Angeklagten verhaftet worden.
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