loading

Nachrichten werden geladen...

«Purple Path» eröffnet - eine ganze Region wird zur Galerie

In der Unterführung des Bahnhofs Flöha zeigt der «Purple Path» die Arbeit «Glance» von Tanja Rochelmeyer. / Foto: Hendrik Schmidt/dpa
In der Unterführung des Bahnhofs Flöha zeigt der «Purple Path» die Arbeit «Glance» von Tanja Rochelmeyer. / Foto: Hendrik Schmidt/dpa

Der «Purple Path» verwandelt das Umland von Chemnitz in eine einzigartige Galerie für zeitgenössische Kunst. Dabei treffen große Namen wie Tony Cragg auf Arbeiten von Künstlern der Region.

14 Meter ragt die Holzskulptur von Olaf Holzapfel in die Höhe, ein Fachwerkgeflecht aus runden und eckigen Balken. «Zwei in ein ander Gewobene» hat der aus Dresden stammende Künstler seine Arbeit getauft. Auf der documenta in Kassel war er vertreten, der Biennale in Venedig. Und nun beim «Purple Path» eingebettet in die hügelige Landschaft des Erzgebirges. 

Der Kunst- und Skulpturenweg ist das größte Projekt von Chemnitz als Europas Kulturhauptstadt 2025 - nun ist er offiziell eröffnet. Der «lila Weg» verbindet die Stadt mit 38 Gemeinden im Umland. Dabei treffen internationale Künstler wie Tony Cragg, Rebecca Horn, Leiko Ikemura und Richard Long auf Werke von Kunstschaffenden der Region wie Michael Morgner, Jan Kummer und Osmar Osten. Viele Arbeiten sind neu in die Region gekommen, andere waren hier schon verortet und wurden integriert. So etwa Sachsens höchstes Kunstwerk, die von Daniel Buren gestaltete Esse des Chemnitzer Heizkraftwerkes. 

Ein lila Band verbindet Kunst und Landschaft

«Der Purple Path ist ein Storyteller, ein Geschichtenerzähler», sagt Kurator Alexander Ochs. Getreu dem Kulturhauptstadtmotto «C the Unseen» («Sieh das Ungesehene») verweisen die Arbeiten auf die Geschichte der Region, insbesondere den Bergbau. «Alles kommt vom Berg her» sei das Narrativ des «Purple Path», betont Ochs. Dazu greifen die Skulpturen Materialien auf, die einst dem Fels abgetrotzt wurden, aber auch Holz und Licht, die für den Bergbau und die Bergleute immens wichtig waren. 

So auch Holzapfels Skulptur auf der Dittersdorfer Höhe. Sie verweist auf die historische Landvermessung im damaligen Königreich Sachsen, in deren Folge vielerorts sogenannte Triangulationstürme entstanden - und ist zugleich Sinnbild für das ambivalente Verhältnis von Technik und Natur. Friedrich Kunath - gebürtiger Chemnitzer, heute in Kalifornien zu Hause - hat ein Kunstwerk in Thalheim beigesteuert. Die Bronzeskulptur «Include Me Out» tritt in Beziehung zu den Fichtenwäldern des Erzgebirges und der hier von Hans Carl von Carlowitz geprägten Idee der Nachhaltigkeit. Zugleich geht es um soziale Ausgrenzung und das Bedürfnis nach Zugehörigkeit. 

Kunst, die bleibt: viele Werke dauerhaft in der Region

Mit dem «Purple Path» sei die ganze Region mit all ihren Facetten und ihrer Geschichte selbst zum Kunstwerk geworden, konstatiert Sachsens Kulturministerin Barbara Klepsch (CDU). Der Kunst- und Skulpturenpfad zeige der Welt, dass es sich lohne, die Region zu besuchen.

Gezeigt werden den Angaben nach Arbeiten von 90 nationalen und internationalen Künstlern an 70 verschiedenen Orten. Einige der Arbeiten werden am Eröffnungswochenende neu enthüllt. Weitere sollen im Laufe des Jahres hinzukommen wie eine Lichtinstallation von James Turrell. Für sie wird am Bergbaumuseum in Oelsnitz eigens eine neue Kunsthalle gebaut. Viele der Kunstwerke bleiben auch über das Kulturhauptstadtjahr 2025 in der Region und sollen langfristig ein Anziehungspunkt bleiben.

Ausstellungen, Konzerte, Makerhubs

Dabei ist der «Purple Path» weit mehr als ein Skulpturenpfad, knüpft er doch an zahlreiche Kulturstätten der Region an. Dem Cranach-Altar in der Schneeberger St. Wolfgang-Kirche etwa, dem Barockensemble von Schloss und Park Lichtenwalde oder dem Freiberger Dom mit seiner historischen Silbermann-Orgel. Zudem sind in der Region «Makerhubs» entstanden, in denen Handwerkstechniken vermittelt und Besucher selbst kreativ werden können. 

So lockt die Kulturregion mit vielen weiteren temporären Ausstellungen und Kulturangeboten. In Oelsnitz etwa werden Fotografien gezeigt, die der Musiker Till Brönner im Ruhrgebiet aufgenommen hat, im Kunstbahnhof Flöha verbindet die Schau «Verstrickungen» die Textiltradition der Region mit moderner Kunst. Das Institut für Auslandsbeziehungen zeigt hier unter anderem Werke von Käthe Kollwitz, Hermann Glöckner und Rosemarie Trockel. Derweil werden in Zwickau unter dem Titel «Sonnensucher» mehr als 200 Kunstwerke aus der Wismut-Sammlung gezeigt, der größten Kunstsammlung eines DDR-Unternehmens.

Warum violett? - Symbol für Aufbruch und Empathie

Der «Purple Path» schlängelt sich auf rund 400 Kilometern durch die Region als ein riesiges Freiluftmuseum für zeitgenössische Kunst. Er kann zu Fuß, per Fahrrad, mit dem Auto erkundet werden, an Wochenenden werden mehrere Bus- und Bahnlinien enger getaktet als sonst üblich. Dafür hat Sachsen 2,67 Millionen Euro zur Verfügung gestellt. 

Doch warum ist der Kunstweg lila? Dafür gebe es keine eindeutige Antwort, sagt Kurator Ochs. Er spricht vielmehr von einem Mysterium. Immerhin ist violett mit dem Erzgebirge verknüpft. Die Drebacher Krokuswiesen bieten alljährlich eine violettfarbene Blütenpracht und es ist die Vereinsfarbe des Fußballclubs Erzgebirge Aue. Violett ist auch eine der sieben Farben, in denen allabendlich die gut 300 Meter hohe Chemnitzer Esse weithin sichtbar erstrahlt. 

Und Ochs verweist auch auf die christliche Prägung des Erzgebirges. Violett ist die liturgische Farbe der Advents- und der Passionszeit. Daher stehe sie für Aufbruch und Empathie.

Copyright 2025, dpa (www.dpa.de). Alle Rechte vorbehalten