Preisspirale dreht sich weiter: Wer kann sich Leipzig noch leisten?
„Leipzig bleibt ein dynamischer Immobilienstandort“, erklärt Timo Pinder, Geschäftsführer der PISA IMMOBILIENMANAGEMENT GmbH & Co. KG anlässlich der Veröffentlichung des aktuellen Immobilienmarktberichts. Demzufolge übersteigt die Nachfrage nach Wohnraum das Angebot weiterhin deutlich. Besonders die Mieten für Erstbezug sind mit einem Median von 11,44 Euro pro Quadratmeter noch einmal deutlich gestiegen.
Eine ähnliche Entwicklung lässt sich für die Kaufpreise von Wohneigentum feststellen. Auch diese sind angestiegen. So kostet beispielsweise ein Quadratmeter in einer Neubauwohnung durchschnittlich 6.020 Euro, bei sanierten Altbauten liegt der Preis sogar noch höher. Insbesondere Familienwohnungen und kleine Einheiten für Singles oder Senioren sind in Leipzig knapp. „Bei einem Anteil von 56 Prozent Single-Haushalten in Leipzig entsteht eine große Nachfrage nach kompaktem Wohnraum. Gleichzeitig suchen viele Familien nach größeren Wohnungen oder Einfamilienhäusern. Der deutlich messbare Rückgang im Wohnungsbau verstärkt hier den Druck und wird mittelfristig auch bei den Mieten zu weiter steigenden Preisen führen“, erklärt Pinder.
Flucht ins Umland: Warum Familien Leipzig den Rücken kehren
Wie Prof. Dr. Kerry Brauer, Direktorin der Staatlichen Studienakademie Leipzig, ausführt, ziehen aus diesem Grund immer mehr Familien ins Leipziger Umland. „Vor allem in traditionellen Einfamilienhaussiedlungen am Stadtrand erleben wir durch einen Generationswechsel eine Wiederbelebung. Diese Immobilien punkten mit bestehender Infrastruktur und im städtischen vergleich etwas niedrigeren Preisen als Neubauten“, erklärt sie.
Trotz dieses Trends ist die Zahl der Transaktionen auf dem Immobilienmarkt jedoch gesunken. „Im Betrachtungszeitraum 2023 verzeichneten wir 40 Prozent weniger Kauffälle als im Vorjahr. Hohe Baukosten, gestiegene Zinsen, lange Bauzeiten und die dynamischen politischen und wirtschaftlichen Entwicklungen sorgen bei vielen Käufern für Kaufzurückhaltung“, so Brauer. Dieser Rückgang zeigt, wie wichtig es ist, dass sich die Menschen wieder auf stabile Rahmenbedingungen verlassen können. Denn nur wer die Zukunft abschätzen kann, investiert langfristig in den Immobilienmarkt. Auf die neue Landesregierung in Sachsen und die kommende Bundesregierung warte demnach viel Arbeit.
Quartiersentwicklungen: Die Hoffnungsträger für den Wohnungsmarkt?
Große Quartiersentwicklungen gewinnen zunehmend an Bedeutung, um den Wohnungsmarkt langfristig zu entlasten. „Solche Projekte sind entscheidend, um die hohe Nachfrage zu bedienen. Allerdings dürfen wir dabei nicht die klimatischen Ziele der Kommune, wie etwa die Schwammstadt-Strategie oder Frischluftschneisen aus den Augen verlieren. Dies sorgt für Komplexität beim Bau. In Kombination mit den immer länger werdenden Genehmigungsphasen braucht es hierbei zeitnah neues Denken“, betont Pinder. Denn die großen Quartiersentwicklungen schaffen die Chance, moderne Wohnkonzepte und eine nachhaltige Infrastruktur geschickt zu kombinieren.
Brauer ergänzt: „Dies ist auch eine Aufgabe für die Immobilienbranche. Sie muss verstärkt innovative Lösungen entwickeln, sei es bei der Quartiersgestaltung oder in der Kooperation mit anderen Branchen. Mixed-Used-Quartiere dürfen nicht nur ein Schlagwort sein, sondern sollten klug unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Nutzergruppen entwickelt werden. Synergien zwischen Wohnen, Gewerbe, Kultur und Freizeit schaffen lebenswerte Quartiere.“
Welche politischen Rahmenbedingungen braucht Leipzig?
Damit Leipzig auch in Zukunft ein attraktiver Standort bleibt, sind wirtschaftliche und politische Maßnahmen sowie klare Rahmenbedingungen erforderlich. Dies können beispielsweise weitere Förderprogramme für nachhaltige Bauprojekte, Beschleunigung von Genehmigungsverfahren, Vereinfachung bzw. Vereinheitlichung von Normen und Bauordnungen sowie die Flächenmobilisierung sein. Durch eine gezielte Kombination dieser sowie weiterer Maßnahmen können Anreize für Investitionen in den sozial geförderten und frei finanzierte Wohnungsbau geschaffen werden, um bezahlbaren Wohnraum zu sichern.„Es braucht einen Schulterschluss zwischen Politik, Wirtschaft und Gesellschaft, um Leipzigs Wachstum nachhaltig und sozialverträglich zu gestalten. Nur so können wir den Herausforderungen der Zukunft erfolgreich begegnen“, sagen Prof. Dr. Kerry Brauer und Timo Pinder unisono.
Ausblick: Innovationen als Schlüssel für die Zukunft
Der Leipziger Immobilienmarkt bleibt in Bewegung. „Es gibt großes Potenzial, die Herausforderungen der Wohnraumknappheit, Klimaziele und steigende Baukosten durch innovative Ansätze zu meistern“, so das Resümee. Die kommenden Jahre werden zeigen, wie gut Leipzig diesen Balanceakt zwischen Wachstum und Nachhaltigkeit bewältigt.