Linken-Politiker der Kohle-Länder haben dem Bund Versäumnisse bei der Überprüfung des laufenden Strukturwandels vorgeworfen. In einem gemeinsamen Positionspapier forderten fünf Linke-Fraktionen am Sonntag mehr Bürgerbeteiligung, präzisere Förderbedingungen zugunsten nachhaltiger und tarifgebundener Industriearbeits- und -ausbildungsplätze sowie eine dezentrale Energieerzeugung mit Stärkung der Kommunen. Zu den Unterzeichnenden gehören Linke-Fraktionen aus Brandenburg, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thüringen und für Nordrhein-Westfalen die Fraktion aus dem Kreistag Rhein-Erft.
Hintergrund ist das 2020 verabschiedete «Strukturstärkungsgesetz Kohleregionen» mit dem Kernstück «Investitionsgesetz Kohleregionen». Es sieht eine gesetzlich vorgeschriebene Evaluierungsfrist bis zum 30. Juni vor. Bis dahin soll der Strukturwandel in den Kohlerevieren mit Fokus auf Wertschöpfung, Arbeitsmarktsituation und das kommunale Steueraufkommen auf den Prüfstand gestellt werden. Federführend ist das Bundeswirtschaftsministerium.
In einer Antwort des Bundeswirtschaftsministeriums auf eine Anfrage des Linken-Bundestagsabgeordneten Christian Görke, die der dpa vorliegt, heißt es, nach derzeitigem Planungsstand sollten die Ergebnisse zum 30. Juni 2023 vorliegen und dann geprüft werden. «Sodann wird das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz dem Deutschen Bundestag und dem Bundesrat darüber berichten.»
Die Linken-Fraktionen und auch einer der zwei Bundesvorsitzenden der Linken, Martin Schirdewan, kritisierten die Nichteinhaltung der Frist durch den Bund. Schirdewan sprach von einem wirtschafts- und sozialpolitischen Versagen der Bundesregierung. «Die Verunsicherung wächst und die extreme Rechte kocht darauf ihre braune Suppe», kritisierte er. Umso dringender sei es, dass der nötige Umbau in den Braunkohlerevieren sozial gerecht gelinge und die Menschen dabei mitbestimmen können.
Die finanziellen Mittel vom Bund seien eine riesige Chance für die Lausitz, erklärte die Sprecherin der Brandenburger Linke-Fraktion für den Strukturwandel, Anke Schwarzenberg. Es brauche aber mehr Transparenz und Bürgerbeteiligung, damit Menschen den Strukturwandel selbst gestalten und nicht über ihre Köpfe hinweg erleben. Das schwäche auch rechtsextreme Strukturen und stärke die Demokratie.
Ihre sächsische Parteikollegin Antonia Mertsching kritisierte die fehlende länderübergreifende Strategie Sachsens für das Lausitzer und das Mitteldeutsche Revier. Stattdessen sei ein intransparentes Verfahren der Verteilung der Strukturwandelmittel auf den Weg gebracht worden, das zu wenig auf die Bedürfnisse der betroffenen Gemeinden ausgerichtet sei.
Den Start in die Umsetzung der Gesetze zum Strukturwandel sieht Linken-Sprecherin Kerstin Eisenreich für Sachsen-Anhalt «ziemlich verstolpert». Eine parlamentarische Begleitung fehle bis heute, kritisierte sie.
Zu dem Thema des 2030 «idealerweise» vorgezogenen Kohleausstiegs, der in den Revieren der Ostländer heftig umstritten ist, gibt es im Papier keine gemeinsame Position. «Strukturwandel und Kohleaustieg kann nur im Gleichschritt passieren», sagte die Brandenburger Linke Schwarzenberg. Solch ein Gleichschritt sei aber noch lange nicht erreicht. Der Kohleausstieg im Rheinischen Revier wurde nachträglich gesetzlich auf das Jahr 2030 vorgezogen.
Copyright 2023, dpa (www.dpa.de). Alle Rechte vorbehalten