Gesellschaftliche Veränderungen führen zu einem Wandel der Sprache - aber nicht zu einem Aussterben von Dialekten. «Wir sehen, dass die Leute auf der Straße heute anders sprechen als früher», sagte der Leipziger Sprachwissenschaftler Simon Oppermann zum Tag der Muttersprache am 21. Februar. «Aber ich würde lieber von Veränderung sprechen als von Aussterben. In der Summe wandelt sich die Sprache - weg von den alten sogenannten Basisdialekten hin zu neuen Varietäten. Dabei entstehen auch viele neue Formen.»
Das «Motschekiebchen» hatte früher mehr Konkurrenz
Belege für diesen Wandel gebe es viele. Zum Beispiel gelte der Ausdruck «Motschekiebchen» («Marienkäfer») heutzutage als das sächsische Wort schlechthin. Das sei auch nicht falsch - historisch aber wurde «Motschekiebchen» in Sachsen nur im Großraum Leipzig belegt. Das Verbreitungsgebiet erstreckte sich laut Oppermann noch weiter westlich über Halle bis kurz vor Erfurt.
Abseits dieses Kerngebietes habe es auch im ostmitteldeutschen Sprachraum noch viele anderen Bezeichnungen für den Marienkäfer gegeben wie etwa «Himmelsmiezchen» oder «Sonnenwürmlein». Durchgesetzt habe sich wohl letztlich das «Motschekiebchen», was übersetzt etwa «Muh-Küchen» oder «Kuh-Kälblein» bedeute.
«'Sch hab» statt «Ich habe»
Ein anderes Beispiel sei die sogenannte Koronalisierung des Ich-Lautes hin zu einem «sch». Statt: «Ich habe richtig Hunger», sagten viele Menschen im ostmitteldeutschen Raum heute: «'Sch hab rischt'schn Hunger». Das sei mittlerweile sehr verbreitet - aber vor 100 Jahren für das Sächsische noch kaum systematisch beschrieben worden, sagte Oppermann.
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