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Ex-Wasserspringer Hempel: Jahrelang von Trainer missbraucht

Jan Hempel sitzt während einer Trainingspause im Jahr 1999 auf dem Brett vom Drei-Meter Turm. / Foto: Stefan Hesse/dpa/Archivbild
Jan Hempel sitzt während einer Trainingspause im Jahr 1999 auf dem Brett vom Drei-Meter Turm. / Foto: Stefan Hesse/dpa/Archivbild

Jan Hempel spricht leise. Immer wieder stockt er, sucht nach Worten für das Unfassbare, was er erzählen will, was er erzählen muss. Mehrmals wischt sich der frühere Weltklasse-Wasserspringer mit den Händen über das Gesicht. Man spürt: Er führt gerade einen sehr harten Kampf mit sich. Hempel spricht über eine 14 Jahre anhaltende Leidensgeschichte. Von 1982 bis 1996 ist er nach eigenen Angaben von seinem damaligen Trainer Werner Langer immer wieder sexuell missbraucht worden. Jetzt, mit fast 51 Jahren, geht er damit an die Öffentlichkeit.

In einer Dokumentation der ARD unter dem Titel «Missbraucht - Sexualisierte Gewalt im deutschen Schwimmsport» spricht der Olympia-Zweite von Atlanta 1996 über die Vorwürfe gegen den 2001 gestorbenen Langer. «Ich bin von meinem Trainer missbraucht worden. Er hat keinen Zeitpunkt ausgelassen, um nicht seinen Wünschen und Bedürfnissen freien Lauf zu lassen», sagt Hempel und fügt an: «Ich glaube, man ist es anderen auch für die Zukunft schuldig, dass man darüber spricht.»

Vor Olympia in Atlanta 1996 wehrt sich Hempel eigenen Angaben zufolge erstmals gegen Langer. Im folgenden Jahr habe er der damaligen Bundestrainerin über die Vorkommnisse berichtet. Langer sei damals suspendiert worden, aber nicht wegen eines Missbrauchs, sondern wegen einer angeblichen Stasi-Vergangenheit, sagt Hempel. «Alle haben geschwiegen, bis heute.»

Der Dresdner SC, für den Hempel früher aktiv war, zeigte sich schockiert. «Was ich heute in den Medien lesen und sehen musste, erschüttert mich zutiefst», wird DSC-Präsident Wolfgang Söllner in einer Vereinsmitteilung zitiert. «Nach dem internen Bekanntwerden der Vorwürfe ist Herr Langer von der damaligen Bundestrainerin abgezogen und vom DSC mit einem lebenslangen Hallenverbot belegt worden», sagte Söllner. «Es war damals der ausdrückliche Wunsch von Jan Hempel, das Thema aus den Medien herauszuhalten.»

«Die Vorwürfe kannte ich bis heute nicht», sagte Söllner. «Nach meinen heutigen Recherchen ist es wohl richtig, dass Jan Hempel 1997 diese Anschuldigungen gegen seinen Trainer vorgebracht hat.» Langer sei damals für den Bundesverband am Dresdner Stützpunkt tätig gewesen und habe in keinem Anstellungsverhältnis mit dem DSC gestanden.

Vom Deutschen Schwimm-Verband (DSV) ist Hempel enttäuscht. «Ich habe am eigenen Leib viele Jahre spüren müssen, dass dem DSV nur der sportliche Erfolg wichtig ist und alles andere, ob Gesundheit oder irgendwelche Probleme, eigentlich völlig hinten runter gehen», sagt der Sachse. Es seien noch Leute im Verband, die es damals so gehandhabt hätten. Der DSV kündigte auf Anfrage eine Stellungnahme an. Die ARD berichtete, dass die derzeitige Verbandsführung angegeben habe, durch den Sender von den Vorwürfen Hempels erfahren zu haben.

Auch vor dem Olympia-Finale im Turmspringen 1992 in Barcelona sei es auf einer Stadiontoilette zu einem Missbrauch durch Langer gekommen, berichtete Hempel. Ein anderer Sportler, der anonym bleiben will, erzählt in der Dokumentation, dass Langer bei ihm im Schlaf «handgreiflich» geworden sei.

Bei Hempel ist eine beginnende Alzheimererkrankung diagnostiziert worden. «Ich merke, dass immer mehr aus meinem Kopf verschwindet. Jetzt kann ich mich noch daran erinnern. Ich weiß nicht, wie lange das noch der Fall ist», sagt Hempel, der Details über den Missbrauch für sich aufgeschrieben hatte.

Seiner Ehefrau Ines hatte Hempel bereits zuvor darüber berichtet. «Ihm ist es sehr schwer gefallen, darüber zu reden, deshalb hat er es dann auch aufgeschrieben», berichtete Ines Hempel unter Tränen in der Dokumentation. Sie habe diese Aufzeichnungen gelesen und sagt: «Was das Seelische kaputt gemacht hat, das kann auch ich nicht heilen.»

Maximilian Klein von Athleten Deutschland äußerte sich auf Twitter «sprachlos und traurig» über die Vorwürfe und forderte eine «unabhängige Aufarbeitung». «Die Doku zeigt Altbekanntes», schrieb der Athletenvertreter. Der CSU-Politiker Stephan Mayer nannte die Vorwürfe «schockierend». «Im konkreten Fall muss untersucht werden, ob der Deutsche Schwimmverband im Jahr 1997 von den Vorwürfen informiert wurde und weshalb er nicht reagiert hat», sagte der sportpolitische Sprecher von CDU und CSU laut einer Mitteilung.

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