Axel Jungk lässt es in der Bahn wieder rocken. Der der WM-Zweite von 2017 und 2020, der sich in der Vorsaison nicht für das Weltcup-Team und somit auch nicht für die Weltmeisterschafts-Neuauflage auf seiner Heimbahn qualifizieren konnte, raste am Freitag in Altenberg beim Heim-Weltcup dank eines famosen zweiten Durchgangs zum Sieg. Nach Durchgang eins hatte Christopher Grotheer, der in den vergangenen zwei Jahren in Altenberg jeweils zu WM-Gold fuhr, mit Bahnrekord von 55,77 Sekunden noch geführt. Am Ende hatte der Thüringer 0,11 Sekunden Rückstand auf Jungk. Dritter wurde der Lette Martins Dukurs.
«Ich bin zufrieden, dass ich gewonnen habe, wenn ich mit den Läufen zufrieden wäre, wäre auch was verkehrt. Im ersten Lauf hatte ich in Kurve 14/15 einen fatalen Fehler», meinte der 30-Jährige vom BSC Oberbärenburg.
Zwischenzeitlich kamen beim gebürtigen Sachsen aus Hohndorf bei Zschopau sogar Gedanken ans Aufhören auf. «Aber nur ganz kurz», meinte Jungk und betonte: «Wenn man die letzte Saison betrachtet, dann bin ich schon froh gewesen, wieder dabei zu sein. Es war gut für das Gefühl, für die Mentalität, ich habe mich wieder etwas freier und glücklicher gefühlt.»
Er stellte sich erneut den Herausforderungen - wie so oft in den vergangenen Jahren. Immer wieder kämpfte er mit Verletzungen. Der Schmerz vom Rücken strahlte auf die Beine bis in die Achillessehne aus, ständig Schmerzen, immer wieder Aussetzer. Er stellte sein Training um, setzte neue Reize. «Da habe ich meinen Körper im Sommer teilweise auch überlastet», weiß er nun, nachdem er zahlreiche Ärzte und Osteopathen konsultiert hatte. Nach jedem Hoffnungsschimmer folgte ein Rückschlag. Aufgeben war für ihn keine Option, doch mental belastete es ungemein. «Ich bin auf jeden Fall beschwerdefreier als in den letzten Jahren, ich bin sehr optimistisch, dass bis Olympia Startzeiten rauskommen, mit denen ich vorne mitfahren kann», sagte er.
Zudem weiß er ja, was für die Weltspitze nötig ist. Daher ist alles auf Olympia ausgerichtet, die Weltcups werden aus dem Training heraus gefahren. Auch das Material der Deutschen ist wettbewerbsfähig. «Man sieht, dass wir ganz vorne mitfahren können, auch wenn der Start noch nicht zu hundert Prozent passt», sagte Jungk, der bei den Testrennen auf der neuen Olympia-Bahn in Yanqing zweimal die drittbeste Zeit hinlegte.
Nach Platz sieben 2018 in Pyeongchang will er die letzte Chance auf eine olympische Medaille nutzen. «Wir im deutschen Team haben alle dasselbe Ziel, wir wollen eine Medaille bei Olympia machen. Wenn man das Ziel hat, dann sollte die Olympia-Qualifikation keine Herausforderung sein», meinte Jungk, der bei der WM 2020 den Titel um zwei Hundertstel verpasste. Es gewann wie auch 2021 Grotheer. Nun ist er wieder der Orientierungspunkt: «So kann man sich an ihm orientieren. Gleichzeitig stichelt es mich an, dass ich da auch hin will», sagte er vor dem Rennen in Altenberg. Und nach dem Rennen: «Wir können uns gut aneinander orientieren. Ich hatte heute, glaube ich, das bessere Setup, was Schlitten und Kufen betrifft. Es macht gerade richtig viel Spaß», sagte Jungk, der sich auch äußerlich verändert hat.
Einst polsterte der Sachse sein Gesicht unter dem Helm zusätzlich mit einem dicken Vollbart. Seit dieser Saison trägt er Schnauzer im «Freddie Mercury»-Stil. Gern schafft er mit Instagram-Posts mit untermalter Musik des Queen-Leadsängers auch Assoziationen zu dem Musiker. Denn die Ähnlichkeit mit ihm ist verblüffend. «Tatsächlich sehr stark, es war die Lieblingsband von meiner Mutter, es kam auch bei ihrer Beerdigung, deswegen bin ich auch sehr emotional, was die Musik von Queen betrifft», meinte Jungk. Der Grund für die Bartveränderung lüftete er ebenfalls: «Ich hatte einfach Bartausfall bekommen, aufgrund des mentalen Stresses letztes Jahr nach der WM, dann habe ich entschieden, der Vollbart muss ab, denn es sah nicht mehr gepflegt aus.»
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