Die Leipziger Veterinärmedizinerin Maria-Elisabeth Krautwald-Junghanns sieht in Deutschland dringenden Handlungsbedarf bei der Haltung exotischer Tiere. Vielen Menschen, die sich eine Schildkröte, einen Papagei oder eine Bartagame zulegten, fehlten die Kenntnisse, wie diese Tiere artgerecht zu halten seien, sagte die Direktorin der Klinik für Vögel und Reptilien der Universität Leipzig. Deutschland hinke Nachbarländern wie Österreich und der Schweiz hinterher, die klare Regeln hätten.
In der Leipziger Klinik würden jedes Jahr mehrere Tausend tierische Patienten behandelt. Viele hätten normale Tierkrankheiten, aber etliche erlitten auch Schäden durch eine falsche Haltung. «Das ist der gerupfte, einzeln gehaltene Graupapagei oder der Leguan, der klein gekauft wurde und irgendwann riesig ist», sagte die Veterinärmedizinerin. Auch Pythonschlangen müssen häufig in zu kleinen Terrarien leben. «Ich bin seit 36 Jahren Tierärztin. Und ich bin es einfach leid. Wir müssen dringend was ändern.» Für die Halter exotischer Tiere sollten zum Beispiel vor dem Kauf Sachkundenachweise eingeführt werden, forderte die Forscherin.
Die Missstände seien bekannt, sagte Krautwald-Junghanns. Sie seien unter anderem in der großen «Exopet»-Studie von 2015 bis 2018 deutschlandweit untersucht worden. Krautwald-Junghanns war die Koordinatorin des Projekts, finanziert wurde die Studie vom Bundeslandwirtschaftsministerium. Die damalige Ressortchefin Julia Klöckner (CDU) verschärfte zwar die Vorgaben für den Zoohandel. Doch insgesamt sei zu wenig passiert, sagte Krautwald-Junghanns. «Wir brauchen verbindliche, bundesweit einheitliche Richtlinien für die Exotenhaltung.» Bis zum Sommer wolle sie gemeinsam mit anderen Forschern eine Machbarkeitsstudie vorlegen.
Nach Schätzung des Deutschen Tierschutzbundes werden Hunderttausende Reptilien und andere Exoten privat gehalten. Auch der Tierschutzbund hält einen Sachkundenachweis der Halter für notwendig. Zudem tritt er für eine «Positivliste» ein. Darauf sollten nur Tiere landen, gegen deren Haltung keine Bedenken etwa aus Tier- und Artenschutzgründen bestehen.
Copyright 2022, dpa (www.dpa.de). Alle Rechte vorbehalten