Aufgrund des Dauerregens und teils kräftiger Schauer in den vergangenen Tagen herrscht in mehreren Flüssen Ostsachsens weiter Hochwasser. Mit dem Ende der Niederschläge gehen die Hydrologen aber von einer Entspannung der Lage aus. «In der Lausitzer Neiße in Görlitz ist der Scheitel durch und das Wasser geht bereits leicht zurück», sagte ein Sprecher des Landesamtes für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie in Dresden. In Spree, Schwarze Elster und den Nebenflüssen der Oberen Elbe setze sich der deutliche Anstieg noch leicht, aber moderater fort. Die Elbe hingegen - deren Einzugsgebiet in Tschechien liegt - soll laut Experten zwar in den nächsten Tagen anschwellen, allerdings steigen die Pegelstände nicht so sehr wie erwartet.
Elbe erreicht in Dresden die Sieben-Meter-Marke nicht
Nach Einschätzung der Hydrologen wird die Elbe den Richtwert der Alarmstufe 4 weder am Pegel Schöna noch am Pegel Dresden erreichen. Sie gingen davon aus, dass es in Dresden knapp in die Alarmstufe 3 gehe und die Elbe noch auf gut sechs Meter anschwellen würde. Mit aktuell 5,73 Meter gilt derzeit Alarmstufe 2 - normal sind 1,42 Meter. Bei der Jahrhundertflut 2002 waren es 9,40 Meter. Am Pegel Schöna wurde am Nachmittag ein Wasserstand von 6,17 Metern gemessen und damit die Alarmstufe 3 erreicht. Das heißt, dass auch bebaute Gebiete überschwemmt werden können.
Die Hydrologen rechnen mit einem «sehr langgestreckten Hochwasserscheitel» ab Donnerstag in Schöna und in Dresden. Der höchste Wasserstand werde sich lange hinziehen und nicht schnell fallen, sagte der Leiter des Dresdner Umweltamtes, René Herold, am Nachmittag. Alarmstufe 1, also der Pegelstand von vier Metern, werde in Dresden erst «in vielen, vielen Tagen» unterschritten.
Bei der Dresdner Feuerwehr atmet man deshalb auf. Es gebe bisher keine Einsätze. Nur an einer Straße im Stadtteil Laubegast wurde am Sonntag ein Sandsack-Schutzwall angelegt. «Wir beobachten die Lage aufmerksam», sagte ein Sprecher. Die Dresdner Elbfähren sind mit Ausnahme der für Personen in Pillnitz außer Betrieb. Zudem wurden mehrere Sportstätten gesperrt, darunter alle Bootshäuser entlang der Elbe sowie der Bereich Flutrinne im Sportpark beräumt, Zäune, Spielerkabinen und Tore vorsorglich abgebaut.
Bisher keine Probleme an Dresdner Carolabrücke
Der in der Elbe liegende Teil der Carolabrücke hat nach Einschätzung der Stadt derzeit keine Auswirkungen auf den steigenden Pegelstand. «Es kann klar gesagt werden, dass der Wasserstand durch den Brückenteil nicht beeinflusst wird», sagte Herold. Der Dresdner Pegelstand, der an der benachbarten Augustusbrücke flussabwärts gemessen wird, werde nicht verfälscht.
Gerade noch rechtzeitig vor dem Hochwasser wurden am Wochenende wichtige Abrissarbeiten an der Carolabrücke abgeschlossen. Einsatzkräfte hatten Trümmerteile auf der Neustädter Seite entfernt. Die Uferbereiche sollten geräumt werden, um den Wassermassen eine Ausweichmöglichkeit um die noch im Fluss liegenden Brückenteile zu geben.
An der Lausitzer Neiße bildete sich nach Angaben der Görlitzer Stadtverwaltung bereits der Hochwasserscheitel aus. Die Alarmstufe 3 in Görlitz werde voraussichtlich bis Dienstag gelten. Die Wassermenge dort ist auch vom Abfluss aus dem Witka-Stausee auf polnischer Seite abhängig, außerhalb der Stadt waren freie Flächen überflutet. Oberbürgermeister Octavian Ursu zeigte sich erleichtert, dass die Alarmstufe 4 «zum Glück bisher nicht erreicht» werde. Die Lage sei «den Umständen entsprechend relativ ruhig», über einige vollgelaufene Keller hinaus gebe es keine größeren Schäden und auch keine akuten Gefahrenstellen.
46-Jährige fällt ins Wasser und kann sich retten
Beim Prüfen des Pegelstandes in der Neißestadt fiel am Sonntagabend eine Frau ins Wasser. Nach Angaben der Polizei trat sie «vermutlich aus Leichtsinn» zu nahe an den Fluss und stürzte hinein. Die 46-Jährige wurde mitgerissen und trieb knapp einen Kilometer ab, konnte sich aber kurz vor einem Wehr dann selbst retten. Sie kam mit Unterkühlung in eine Klinik.
Rathauschef Ursu forderte die Menschen auf, «sich an Straßensperrungen zu halten, um sich nicht in Gefahr zu bringen». Und der ADAC Sachsen mahnte Autofahrende zu «besonderer Vorsicht» bei Touren sowie beim Abstellen ihrer Fahrzeuge in Gefahrenzonen. So drängte das Wasser der Elbe schon in die Gassen des Kurortes Rathen in der Sächsischen Schweiz - und überfloss auch den vorsorglich gesperrten Parkplatz im nahen Bad Schandau.
Das Landratsamt Pirna will noch nicht von Entwarnung sprechen, aber der langsamere Anstieg gebe Anlass zu «vorsichtigem Optimismus», hieß es. Die Prognose veränderte sich laut der Behörde in den vergangenen Tagen mehrmals, auch weil auf tschechischer Seite die Wasserstände der Elbe durch Anstauen und Entlasten der Staustufen ausbalanciert werden. In den nächsten Tagen werden aber dort keine nennenswerten Niederschläge mehr erwartet.
Die Zusammenarbeit mit den Kollegen dort läuft nach Einschätzung des Dresdner Umweltamtsleiters Herold sehr gut. Sie würden auf die Regenmassen reagieren, indem sie immer wieder etwas ablassen. «Das funktioniert alles sehr kontrolliert und auch im Sinne von Sachsen, muss ich ganz klar sagen», so Herold. Die tschechischen Kollegen würden mit sehr viel Augenmaß und Weitsicht arbeiten.
Copyright 2024, dpa (www.dpa.de). Alle Rechte vorbehalten