Dresden im Ausnahmezustand: Nach umfangreichen Vorkehrungen haben Spezialisten an der Carolabrücke eine britische Fliegerbombe aus dem Zweiten Weltkrieg unschädlich gemacht. Punkt 13.00 Uhr habe die Entschärfung ein «glückliches Ende» gefunden, sagte Polizeisprecher Marko Laske. Eine knappe halbe Stunde dauerte die Entschärfung an einer aufgeschütteten Baustraße unterhalb der teilweise eingestürzten Carolabrücke.
Polizei und Feuerwehr dankten der Bevölkerung. Dass die Anwohner die Sperrzone rund um den Fundort eigenständig verlassen hätten, habe den Einsatz vereinfacht. Eine knappe halbe Stunde nach der Entschärfung ertönte ein Sirenensignal und sorgte für allgemeines Aufatmen. Damit war der Evakuierungsbereich wieder freigegeben. Die Bombe wurde zur Entsorgung in die zentrale Sammelstelle nach Zeithain gebracht.
Wasserrohrzange und Multifunktionsspray
Nach den Worten von Sprengmeister Thomas Zowalla ließ sich der mechanische Aufschlagzünder der Bombe sehr gut entfernen. «Das ist nicht immer so.» Bei Bomben britischer Bauart seien die Zünder aus Messing, was die Korrosion erschwere und ein großer Vorteil sei. Letztlich habe er den Zünder mit einer Wasserohrzange aus der Bombe herausdrehen können. Auch das handelsübliche Multifunktionsspray WD 40 sei zum Einsatz gekommen.
Die 250 Kilogramm schwere Bombe war am Mittwoch bei Abrissarbeiten an der Carolabrücke gefunden worden. Immer wieder taucht bei Bauarbeiten in der Elbestadt Munition aus dem Zweiten Weltkrieg auf. Dresden war in dieser Zeit mehrmals bombardiert worden. Am 13. und 14. Februar 1945 wurde die Stadt bei Angriffen britischer und amerikanischer Bomber großflächig zerstört. Bis zu 25.000 Menschen kamen damals ums Leben.
Der Entschärfung gingen umfangreiche Vorkehrungen voraus. Rund um den Fundort wurde ein Sperrbereich mit einem Radius von 1.000 Metern gezogen. Nach Angaben der Behörden mussten rund 10.000 Menschen ihre Wohnungen und Arbeitsplätze verlassen. Neben der Sächsischen Staatskanzlei, dem Landtag und dem Rathaus mussten auch die Dresdner Polizeidirektion, zahlreiche Museen, Hotels und Geschäfte geräumt werden.
Obwohl Dresden eine gewisse Routine im Umgang mit der Beseitigung von Kriegsmunition entwickelt hat, stellt der aktuelle Fall eine Besonderheit dar. Denn die Auswirkungen eines Bombenfundes direkt in der historischen Altstadt sind ungleich schwerer als etwa in den Außenbezirken.
Stundenlang gaben am Vormittag die Martinshörner der Polizeiwagen in Dresden den Ton an. In der Luft kreisten zwei Hubschrauber. Unter anderem waren sie ausgestattet mit Kamera und Wärmebildkamera, um Personenbewegungen im Evakuierungsbereich zu erfassen. Erst als der Bereich geräumt war, konnte die Entschärfung beginnen.
600 Polizisten und 120 Feuerwehrleute im Einsatz
Neben rund 120 Feuerwehrleuten und etwa 90 Rettungskräften waren auch circa 600 Polizistinnen und Polizisten im Einsatz. In der Dresdner Messe war ein Notquartier für Anwohner eingerichtet worden. Nach Angaben der Feuerwehr wurden 305 Menschen betreut. 70 von ihnen wurden von Einsatzkräften zur Messe gebracht, weil sie wegen Einschränkungen den Weg nicht von sich aus bewältigen konnten.
Das Bürgertelefon der Landeshauptstadt Dresden verzeichnete rund 900 Anrufe, die mit dem Fund der Bombe in Verbindung standen. Die meisten Anrufer hatten Fragen zur Evakuierung und zum Transport in die Notunterkunft, hieß es. Allerdings war das Bürgertelefon wegen einer Störung im Netzwerk der Stadt später nicht mehr erreichbar.
Pflegeheime mussten nicht evakuiert werden
Glück im Unglück: Auf die Evakuierung von Pflegeheimen konnte verzichtet werden. Zwar gab es entsprechende Einrichtungen in dem betroffenen Gebiet, allerdings nicht an exponierter Stelle. Der Sprengmeister habe sich das genau angeschaut und letztlich festlegt, dass ein sogenanntes luftschutzmäßiges Verhalten ausreichend sei, sagte Feuerwehr-Sprecher Michael Klahre. Niemand habe sich im Bereich von Fenstern, Türen und Freiräumen aufhalten dürfen.
Letztmals hatte es im Mai 2018 einen derart großen Einsatz in Dresden gegeben. Er betraf ebenfalls eine 250-Kilogramm-Fliegerbombe. Ein Teil des Sprengkörpers war explodiert, als Experten versuchten, den Zünder aus der Ferne mit einer sogenannten Raketenklemme zu entfernen. Dabei geriet auch Dämmmaterial aus Papier und gepresster Pappe in Brand, das die Druckwellen einer Explosion auffangen sollte.
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