Der Abriss der seit Mittwoch gesperrten Brücke der B101 im Süden von Großenhain (Landkreis Meißen) hat begonnen. Die Arbeiten werden rund um die Uhr durchgeführt und sollen bereits am Sonntag abgeschlossen sein, wie Lars Roßmann, Abteilungsleiter Ingenieurbau und Innovation im Landesamt für Straßenbau und Verkehr, bei einem Termin vor Ort sagte. Aktuell sei man sogar «ein bisschen vorweg im Zeitplan».
Ab dem 24. Dezember kann dann der Bahnverkehr auf der Strecke Berlin-Dresden, die unter der Brücke passiert, wieder fließen. Die Züge werden bis zum Abschluss des Abrisses über Priestewitz umgeleitet.
Eine Sonderprüfung hatte am Mittwoch ergeben, dass das Bauwerk nicht mehr für den Verkehr freigegeben werden kann. «Der Zustand des Bauwerkes, vorhandene Risse und entnommene Proben zeigen eine Gefährdung der Tragfähigkeit auf», teilte das Landesamt mit. Seither ist die Brücke gesperrt.
Für den motorisierten Verkehr ist eine Umleitung über die S81 und die S177 eingerichtet. «Für die Region ist das natürlich nicht schön», sagte Roßmann. Die B101 passieren seinen Angaben nach rund 10.000 Fahrzeuge am Tag, zu Spitzenzeiten sind es 1.000 pro Stunde.
Brücke mit «technischer Vorgeschichte»: bereits 2003 Risse entdeckt
«Die Brücke hat eine technische Vorgeschichte», sagte Roßmann. Es handle sich wie bei der im September teilweise eingestürzten Dresdner Carolabrücke und den gesperrten Brücken in Bad Schandau um eine Spannbetonbrücke mit Henningsdorfer Stahl.
Problematische Risse wurden laut Roßmann erstmals 2003 bei einer Hauptprüfung entdeckt. Bei einer Baustoffprüfung fünf Jahre später wurde klar, dass «die Dauerhaftigkeit des Bauwerks» nicht mehr gegeben ist. Seit der letzten Hauptprüfung im vergangenen Jahr sind laut Roßmann etliche Risse hinzugekommen. Die Standsicherheit sei nun rechnerisch nicht mehr nachzuweisen, auch ohne Verkehr.
Bei Ersatzneubau schnelle Umsetzung möglich
Ein Ersatzneubau kann vergleichsweise schnell umgesetzt werden, da wegen der seit Jahren bekannten Schäden bereits ein Planfeststellungsbeschluss vorliegt. «Kampfziel» sei es, bereits im nächsten Jahr mit den Baumaßnahmen zu beginnen, innerhalb einer Bausaison wäre eine Fertigstellung möglich. Laut einer ersten Schätzung liegen die Kosten bei etwa drei Millionen Euro.
Abriss vorab vorbereitet
Bereits vor dem Prüfungstermin hatte das Landesamt Vorbereitungen für einen möglichen Abbruch getroffen, um schnell agieren zu können und eine wochenlange Sperrung der Bahnstrecke zu verhindern. So habe man vor einer Woche bereits nach einem Abbruchunternehmen gesucht, sagte Roßmann. Auch seitens der Bahn seien Vorleistungen notwendig gewesen. «Die Bahn hat uns sehr toll unterstützt, hat Technik aus ganz Deutschland hier mit aufgefahren.»
Zum Einsatz kommen auf der Baustelle nun neun Bagger, zwei Raupen und drei Radlader. Sie tragen 3.000 Tonnen Sand, 150 Baustraßenplatten und 200 sogenannte Spunddielen, die zur Abdeckung von Leitungen dienen, ab.
Sonderprüfungen werden im 1. Quartal 2025 abgeschlossen
Nach dem Teileinsturz der Dresdner Carolabrücke im September nimmt der Freistaat Brücken derselben Bauart entlang von Bundes- und Staatsstraßen unter die Lupe. Dabei stehen 19 Bauwerke besonders im Fokus. Im ersten Quartal 2025 sollen diese Sonderprüfungen laut Roßmann abgeschlossen sein.
Bei allen 19 Brücken handelt es sich um sogenannte Spannbetonbrücken aus den 1960er bis 1980er Jahren. Bei dieser Bauart drohen Schäden durch Korrosion im Spannstahl, die unter bestimmten Bedingungen plötzlich zum Versagen führen können. Dies gilt als Ursache für den Teileinsturz der Carolabrücke.
Neben der B101-Brücke in Großenhain wurden bisher drei weitere Brücken überprüft. Erstes Ergebnis war die Sperrung der Bad Schandauer Elbbrücke am 7. November wegen Längsrissen im sogenannten Unterspannband, eine weitere Brücke wurde dort Anfang Dezember gesperrt. Bei der Agra-Brücke hat die Untersuchung begonnen, belastbare Ergebnisse werden frühestens Mitte Januar erwartet.
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