Angesichts der Turbulenzen an den Energiemärkten hat Sachsens Bauernpräsident Torsten Krawczyk gefordert, die Potenziale von Biogas stärker zu nutzen. «Wir fahren die Biogasanlagen derzeit nur mit angezogener Handbremse», sagte er am Dienstag in Rechenberg-Bienenmühle (Landkreis Mittelsachsen). Die vorhandenen Anlagen könnten etwa 20 Prozent mehr Leistung bringen. Dazu müsse die bisherige Drosselung gestrichen werden. Zudem sieht er die Gefahr, dass viele bestehenden Anlagen in den kommenden Jahren vom Netz gehen, wenn die EEG-Bindung nach 20 Jahren ende.
Im Freistaat gibt es laut Energieministerium 269 landwirtschaftliche Biogasanlagen mit einer elektrischen Leistung von 115 Megawatt. Auch das Ministerium sieht das Potenzial von Biogas nicht ausgeschöpft. «Biogasanlagen können neben der Stromerzeugung auch für die Wärmeversorgung im ländlichen Raum eingesetzt werden», betonte Energie- und Agrarminister Wolfram Günther (Grüne) auf Anfrage. Laut Ministerium werden bisher in Sachsen etwa 80 Prozent der verfügbaren Gülle in solchen Anlagen vergoren. Ziel sollte es sein, auch die restlichen 20 Prozent für Biogas zu nutzen, hieß es. Den Anbau von Energiepflanzen für Biogas auszuweiten, sei dagegen nicht sinnvoll.
Um möglichst viele bestehende Biogasanlagen auch nach Auslaufen der Einspeisevergütung zu erhalten, brauche es für die Betreiber bessere Rahmenbedingungen, mahnte Krawczyk. Derzeit seien in solchen Fällen immense Investitionen nötig, die nicht jeder Betrieb stemmen werde. «Jeder Kubikmeter Biogas, der entsteht, ersetzt einen Kubikmeter Erdgas», betonte der Bauernfunktionär mit Blick auf drohende Engpässe und starke Preisanstiege bei Erdgas. Dessen ungeachtet werde noch immer Erdgas eingesetzt, um Strom zu produzieren. Dies könne durch die stärkere Nutzung von Biogas verringert werden, so Krawczyk.
Viele Landwirte haben das Thema Energie längst als Einkommensquelle für sich entdeckt und sind auch Energiewirte. Das beschränkt sich nicht nur auf Biogas, wie das Beispiel der Agrargenossenschaft «Bergland» Clausnitz zeigt. Das Unternehmen mit 56 Beschäftigten bewirtschaftet nicht nur 1900 Hektar Land und hält 620 Milchkühe plus Nachzucht. Es betreibt auch drei Biogasanlagen sowie Windräder und Solaranlagen. Damit wurden vergangenes Jahr insgesamt 10,7 Millionen Kilowattstunden Strom erzeugt - zehn Mal so viel, wie das Unternehmen selbst verbraucht, wie Vorständin Kerstin Pahlke vorrechnete.
Als nächstes Projekt plant die Genossenschaft eine Hackschnitzelheizung samt Ausbau eines Nahwärmenetzes in Clausnitz. Dabei könnten nicht nur kommunale Gebäude wie Kindergarten und eine Schule mit Wärme aus nachwachsenden Rohstoffen versorgt werden, sondern auch Häuser von Privatleuten. Momentan sei man allerdings noch auf der Suche nach passenden Fördermöglichkeiten, sagte Pahlke.
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