Mit Mahnwachen, Gottesdiensten und Zusammenkünften wird am Donnerstag auch in Sachsen an vielen Orten an die Zerstörung jüdischer Geschäfte und Gotteshäuser erinnert und der Opfer des Holocaust gedacht. Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) will gemeinsam mit dem Dresdner Oberbürgermeister Dirk Hilbert (FDP) am Alten Leipziger Bahnhof in der Landeshauptstadt einen Kranz niederlegen. Von dem Bahnhof aus wurden in der NS-Zeit Juden in Vernichtungslager der Nationalsozialisten gebracht.
Vielerorts in Sachsen - etwa in Dresden, Leipzig und Chemnitz - werden bei Aktionen Stolpersteine geputzt. In Dresden organisiert die jüdische Gemeinde eine Gedenkveranstaltung auf dem neuen jüdischen Friedhof.
Sachsens Innenministerium verwies darauf, dass bereits vor dem Hintergrund des jüngsten Terrorangriffs der radikalislamischen Hamas höhere Schutzmaßnahmen für jüdische Einrichtungen in Sachsen angeordnet worden seien. Die Polizei habe ihre Präsenz in diesem Zusammenhang nochmals erhöht, hieß es. Zudem seien die örtlichen Polizeidienststellen mit den Verantwortlichen der jüdischen Gemeinden vor Ort im Gespräch. Der 85. Jahrestag zum 9. November sei angesichts der aktuellen Lage ein besonders sensibler Tag, so eine Sprecherin. Dem werde mit «ständigen Lageanalysen» und besonderen Schutzmaßnahmen Rechnung getragen, so das Innenministerium.
Mit Blick auf den 9. November rief Landtagspräsident Matthias Rößler dazu auf, jüdisches Leben zu schützen und gegen Antisemitismus vorzugehen. «Das jüdische Leben in Deutschland muss ein für alle Mal sicher sein.» Es sei beschämend, wenn Jüdinnen und Juden ihr Judentum in der Öffentlichkeit verbergen müssten, wenn radikale Muslime auf deutschen Straßen ihren Hass auf Juden äußern könnten. «Gehen wir als Demokraten dagegen vor - wo und wie es nur geht», sagte Rößler.
Mit einer Schweigeminute hatte der sächsische Landtag am Mittwochmorgen zu Beginn des Plenums der Opfer des Angriffs der Hamas auf Israel am 7. Oktober gedacht. «Seit dem Holocaust wurden nicht mehr so viele Jüdinnen und Juden an einem Tag getötet wie bei diesen Angriffen», so Rößler. Der Freistaat Sachsen stehe «unverbrüchlich an der Seite Israels, an der Seite des jüdischen Volkes». Auch in der aktuellen Debatte ging es unter dem Motto «Solidarität mit Israel - Jüdisches Leben in Sachsen schützen» um den Konflikt im Nahen Osten - beantragt von der CDU. Vor dem Landtag war die israelische Flagge gehisst.
«Das Judentum gehört zu Sachsen», betonte Staatskanzlei-Chef Oliver Schenk (CDU). Er rief dazu auf, Solidarität zu zeigen und antisemitischen Ressentiments entgegen zu treten. Linke und Grüne forderten eine konsequente Verfolgung antisemitischer Straftaten. Laut Linke-Abgeordneter Kerstin Köditz liegt die Zahl antisemitischer Straftaten seit 2014 in Sachsen nahezu durchgängig im dreistelligen Bereich, Verurteilungen habe es im Vorjahr hingegen nur 16 gegeben. Die AfD warf der Regierung unterdessen vor, bei antisemitischen Demonstrationen nicht konsequent genug vorzugehen.
Das Gedenken stehe in diesem Jahr im Zeichen der schrecklichen Ereignisse in Israel - aber auch der schwierigen Debatte über Antisemitismus bei uns in Deutschland, so Wirtschaftsminister und Vize-Ministerpräsident Martin Dulig. «Antisemitismus darf in Deutschland nie wieder einen Platz haben», so der SPD-Politiker.
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