Porträtfotografien von Überlebenden der NS-Verfolgung sind derzeit auf dem Dresdner Neumarkt vor der Frauenkirche zu sehen. Passanten bleiben stehen und schauen in die Gesichter, die der Künstler Luigi Toscano aufgenommen hat. Zu den Fotos gibt es kurze Geschichten der in aller Welt verstreut lebenden Menschen - darunter Juden, Sinti und Roma und ehemalige Zwangsarbeiter.
Toscano, Fotograf und Filmemacher, macht mit dem Projekt «Gegen das Vergessen» die Schicksale der Überlebenden öffentlich und gibt den letzten Zeitzeugen der NS-Verbrechen eine Stimme.
«Viele dieser Menschen lebten all die Jahrzehnte in einem Safe-Space, um nicht aufzufallen», sagte er der Deutschen Presse-Agentur. Seit zehn Jahren besucht der 52-Jährige, Sohn italienischer Gastarbeiter, Überlebende in aller Welt. Über 500 Gesichter umfasst seine Sammlung von Bildern, die er schon in New York, Paris, Genf, Wien, Lwiw oder Jerusalem ausstellte - und in kleinerem Format auch auf Schulhöfen.
Anstoß waren Brandanschläge auf Flüchtlingsheime
«Anfangs war mir nicht klar, welche Dimension das hat», erzählte er. Dank der Popularität des Projekts kommen inzwischen viele Überlebende auf ihn zu. Den Anstoß für das Projekt gaben die Brandanschläge auf Flüchtlingsheime und die milde Bestrafung der Täter. «Da habe ich mich gefragt, was passiert da gerade und was denken Holocaust-Überlebende darüber.»
Auch Toscano wird immer häufiger provoziert, attackiert und im Netz bedroht. In Wien wurden Porträts zerschnitten und mit Hakenkreuzen beschmiert. Trotzdem macht er weiter - «denn es ist wichtig», sagt er. Die Überlebenden wollten berichten und mahnen, aufzupassen.
Seine von der Stiftung Frauenkirche initiierte Dresdner Ausstellung, die am 80. Jahrestag der Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz (27. Januar) eröffnet wird, soll «ein kraftvolles Zeichen» gegen das Vergessen setzen. Für vier Wochen erinnern die rund 140 Gesichter vor und in der Frauenkirche sowie an anderen Orten der Stadt an die Vergangenheit - ernst und verbittert oder auch freundlich lächelnd.
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