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Friedliches Gedenken in Dresden und Mahnung zu Wachsamkeit

Dresdner Gedenktag - Rund 100 Menschen in stiller Erinnerung auf Friedhof (Archivbild) / Foto: Robert Michael/dpa
Dresdner Gedenktag - Rund 100 Menschen in stiller Erinnerung auf Friedhof (Archivbild) / Foto: Robert Michael/dpa

Im Februar gedenkt Dresden an die Zerstörung der Stadt im Zweiten Weltkrieg. Neben der Erinnerung stehen auch der Blick auf Ursachen und Täter - und die Mahnung zur Versöhnung.

Weiße Rosen, tausende Lichter und eine Menschenkette: Dresden setzte am 80. Jahrestag der Zerstörung der Stadt ein Zeichen für Versöhnung, Miteinander und Demokratie. In Reden wurde auch an die Vorgeschichte der Luftangriffe erinnert und zum Widerstand gegen den Missbrauch der Geschichte gemahnt. Das sächsische Parlament gedachte im Plenum aller Opfer des Zweiten Weltkrieges mit einer Schweigeminute, Prinz Edward Herzog von Kent verwies bei einer Veranstaltung mit Jugendlichen auf die gelungene Versöhnungsarbeit. 

«Nicht vergessen sollten wir allerdings, dass die Nationalsozialisten das Inferno, das diese Stadt am 13. und 14. Februar erlebte, mit Worten und Taten selbst entfacht hatten», sagte Landtagspräsident Alexander Dierks (CDU). Sie führten seit dem 1. September 1939 «einen apokalyptischen Vernichtungskrieg» mit Millionen von Toten. «Spätestens im Jahr 1945 kehrte dieser Krieg vollends dann nach Deutschland zurück.» 

«#Dresden setzt am 80. Jahrestag der Bombardierung Dresdens ein klares Zeichen für #Frieden, #Demokratie & #Menschlichkeit», postete Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) bei X. «Es ist unsere gemeinsame Aufgabe, die Demokratie jeden Tag aufs Neue zu verteidigen und dafür zu sorgen, dass sich solch schreckliches Leid nie wiederholt.»

Oberbürgermeister: Dresden eine zerstörte Stadt von vielen 

«Dresden darf sich an einem Tag wie heute auch nie nur mit sich selbst beschäftigen», sagte Oberbürgermeister Dirk Hilbert (FDP). Es sei eine unter vielen von Kriegen verwüsteten Städten. «Dass keine weiteren mehr hinzukommen, muss unser gemeinsames Streben sein.» Dresden stehe «für eine klare Positionierung zu einer offenen und toleranten Gesellschaft, für Demokratie, Respekt, Frieden und Menschlichkeit». 

Die weniger werdenden Zeitzeugen nachfolgenden Generationen trügen die Verantwortung, «diese Erinnerung als Mahnung wachzuhalten», einmal mehr angesichts eines neuen Krieges in Europa, sagte Hilbert. Die anhaltenden Versuche von Neonazis, das Gedenken an den 13. Februar 1945 zu missbrauchen, «das nehmen wir nicht unwidersprochen hin!» 

Um 18.00 Uhr schloss sich wie jedes Jahr eine Menschenkette um die wiederaufgebaute Altstadt. Zum Geläut der Innenstadtkirchen standen nach Rathausangaben rund 10.000 Jugendliche und Erwachsene im Schneetreiben für einige Minuten zusammen, auch als Mahnung, die Opfer von Krieg und nationalsozialistischer Gewaltherrschaft nicht zu vergessen. Vor der Semperoper reihten sich Ministerpräsident Kretschmer, Oberbürgermeister Hilbert und Prinz Edward Herzog von Kent ein.

Erinnerung wachhalten und in Bildung investieren

«Gemeinsam erinnern wir für eine Zukunft des Miteinanders und der Demokratie», sagte die Rektorin der TU Dresden, Ursula M. Staudinger, als Anmelderin auf dem Theaterplatz. «Angesichts der Verbrechen des Nationalsozialismus, die zur Bombardierung Dresdens vor 80 Jahren führten, stellen wir uns heute wieder gemeinsam schützend vor unsere freiheitlich-demokratische Rechtsordnung.» Die Erinnerung müsse wachgehalten und dazu auch in Bildung investiert werden. «Nie wieder ist jetzt!»

Oberbürgermeister warnt vor Schlussstrich unter Erinnerung

Oberbürgermeister Hilbert sprach von einer schützenden Gemeinschaft für ein Miteinander, das Menschenrechte und Würde des Einzelnen anerkenne. Versuche von Neonazis, Versöhnung zu verhindern, dauerten bis heute an. «So planen Ewiggestrige, unsere Stadt und damit das Gedenken an den 13. Februar 1945 zu missbrauchen; das nehmen wir nicht unwidersprochen hin!» 

«Neben der Trauer, die wir in unseren Herzen verspüren, blicken wir auch zurück auf 30 Jahre Versöhnung und wachsender Freundschaft zwischen Großbritannien und den Menschen von Dresden», sagte der Herzog von Kent als königlicher Schirmherr des britischen Dresden Trust zur Eröffnung eines Dresdner Lernwegs. «Es ist mein fester Wunsch, die Wunden des Krieges zu heilen und den Frieden zu fördern», sagte der Herzog, der in Vertretung von König Charles II. am Gedenken teilnahm. 

Hilbert an die Jugend: Erinnerung lebendig halten

Dresdens Oberbürgermeister Hilbert forderte die Jugendlichen auf, sich mit der Vergangenheit auseinanderzusetzen und daraus Lehren für die Zukunft zu ziehen. Er appellierte an die jungen Gäste auch aus Dresdens Partnerstädten: «Bleibt wachsam, hinterfragt kritisch, mischt euch ein, übernehmt Verantwortung, aber vor allem, haltet die Erinnerungen derer, die die Zeit erlebt haben, lebendig!» Kanäle und Formen, «um die Vergangenheit in die Zukunft zu tragen», wählten sie selbst – Social Media, Podcast, Dialog oder etwas anderes.

Weiße Rosen und Kerzen an vielen Orten

In stiller Erinnerung verharrten am Vormittag Offizielle und Bürger auf Friedhöfen der Stadt, legten weiße Rosen und Kränze nieder, wie Menschen auch andernorts wie vor der Frauenkirche. Dort bildeten hunderte Lichter eine Riesenkerze in der Dunkelheit. Neben Andachten und Gottesdiensten gab es mehrere Versammlungen, allerdings jeweils bis zum frühen Abend mit viel weniger Zulauf als erwartet.

Polizei: Überraschend ruhig in der Innenstadt

Die Polizei war angesichts der angemeldeten rechten und linken Veranstaltungen mit größerem Aufgebot im Stadtgebiet unterwegs. «Keine Störungen, es ist überraschend ruhig», sagte ein Sprecher der Polizeidirektion Dresden. Drei Straftaten wurden gemeldet: ein Hakenkreuz im Schnee, eine Beleidigung und eine Schreckschusswaffe ohne Patronen im verwaisten Beutel einer Frau im öffentlichen Bereich des Rathauses. Am Abend zogen rund 1.000 Gegendemonstranten durch die Innenstadt, mit lauter Musik und «Nazis raus»-Rufen - der für die Veranstaltung der AfD vorgesehene Platz aber blieb leer. 

Polizei zieht positive Einsatzbilanz

Die Bilanz der Polizei: keine Störungen tagsüber und auch später, bis auf einen Verstoß gegen das Versammlungsgesetz. Bei der Feststellung der Identität kam es «zum Einsatz von unmittelbarem Zwang». Insgesamt waren am Gedenktag rund 1.500 Beamte im Einsatz, auch von der sächsischen Bereitschaftspolizei sowie aus Brandenburg, Sachsen-Anhalt und Rheinland-Pfalz.

Die ehemalige Residenzstadt war am 13. Februar 1945 und in den Tagen danach durch britische und amerikanische Bomber zerstört worden. Nach Recherchen von Historikern verloren bis zu 25.000 Menschen ihr Leben. Ein Großteil des historischen Zentrums und angrenzender Wohnviertel war eine Ruinenlandschaft. Rechtsextreme sehen darin ein Kriegsverbrechen der Alliierten und relativieren damit die deutsche Schuld am Ausbruch des Krieges.

Am Abend spielen die Sächsische Staatskapelle und die Dresdner Philharmonie Requiems, nach einem Friedensgottesdienst läuten um 21.45 Uhr die Glocken aller Kirchen der Innenstadt – genau zum Zeitpunkt des ersten Luftangriffs knapp drei Monate vor Kriegsende.

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