Als erstes trägerübergreifendes Inklusionsunternehmen in Mitteldeutschland ist paso doble Vorreiter in der Beschäftigung behinderter Menschen. Hinter diesem Unternehmen stehen starke Partner aus der Sozialwirtschaft.
Das Epilepsiezentrum Kleinwachau, die Diakonie-Stadtmission Dresden und die Volkssolidarität haben sich zu einem beispielgebenden Projekt zusammengefunden. In Dresden und Radeberg bietet das Inklusionsunternehmen nun seine Dienstleistungen an und schafft somit behinderten Menschen Arbeitsplätze auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt.
Geschäftsführer Martin Wallmann gibt www.diesachsen.de ein Interview zur Projektarbeit.
Was war das Komplizierteste in der Vorbereitung?
M.W. Der Wohlfahrtsbereich ist nicht bekannt für spontane, schnelle Entschlüsse. Wir haben gemeinsam zwei Jahre an diesem Projekt gearbeitet. Es mussten viele Einzelheiten besprochen werden und Verantwortlichkeiten vergeben werden. Das ist nicht einfach, wenn die Beteiligten auf ähnlichem Terrain unterwegs sind. Der Prozess, Vertrauen aufzubauen und darauf aufbauend Aufgaben und Verantwortlichkeiten verbindlich festzulegen, ist das Komplizierteste. Es gibt ja nicht nur drei Akteure in diesem Projekt, sondern es geht um die Zukunft der Menschen, für die wir Arbeitsverhältnisse schaffen werden, es geht um deren Familien und es geht auch darum, die aktuell geltenden Gesetzmäßigkeiten in der Bundesrepublik zu berücksichtigen. Wir müssen bei allem, was wir tun, auf Jahre im Voraus denken.
Welche Hauptargumente bringen Unternehmen, die es sich nicht vorstellen können, Inklusion zu leben?
M.W. Das hat oft verschiedene Ursachen. Zum einen ist es das gefühlte Arbeitstempo, dem die Menschen mit Behinderung nicht gewachsen sein werden. Einen nicht zu unterschätzenden Anteil nimmt auch der Aufwand für zu klärende Formalien ein. Wir müssen ehrlicherweise eingestehen, dass eine ganze Menge Bürokratie an solch einem Arbeitsplatz dranhängt. Doch das zu ändern, ist nicht unsere Aufgabe. Wir können anregen und zeigen, wie es geht, um einen gesamtgesellschaftlichen Inklusionsprozess anzuregen.
Welche Hauptargumente bringen Unternehmen für Inklusion, die es bereits praktizieren?
M.W. Das ist zuallererst eine Frage der Qualität. Möglicherweise dauern die einzelnen Arbeitsschritte etwas länger, doch die Mitarbeiter machen keine Abstriche an der Qualität. Im Dienstleistungsbereich können die Normzeiten natürlich nicht angelegt werden. X Quadratmeter in 10 Minuten putzen, ist nicht drin. Doch was geputzt ist, glänzt auch vorschriftsmäßig und das ist schlussendlich entscheidend. Wichtig ist auch das soziale Engagement. Wer Inklusion selbstverständlich lebt, verändert das Arbeitsklima positiv. Es wird mehr nachgedacht und in Frage gestellt. Es werden neue Lösungen gefunden und Jahrzehnte lange Routinen überarbeitet. Davon profitiert die gesamte Belegschaft eines Unternehmens.
Welche Kunden können in Dresden und Radeberg von der Arbeit des paso doble profitieren?
M.W. Die Servicebereitschaft unserer Mitarbeiter ist top. Die Qualität stimmt. Wenn zum Beispiel die Bushaltestelle repariert werden muss oder eine Kindertagesstätte einen neuen Sandkasten braucht, dann scheuen Sie sich nicht, rufen Sie an. Paso doble ist der quasi der moderne Hausmeisterservice.
Für wen werden Behindertenwerkstätten bleiben müssen?
M.W. Behindertenwerkstätten sind ein ganz wichtiger Bestandteil unseres sozialen Systems. Aus meiner Sicht haben sie auch weiterhin Berechtigung für etwa 90 Prozent der Menschen mit Behinderung. Was in der Vergangenheit versäumt wurde, war denjenigen die Tür zu öffnen, die durchaus in der Lage sind, sich auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu behaupten. Die Fürsorge ist dann zur Gleichmacherei geworden und das ist nicht erlaubt. Jeder Mensch muss seine Chance zur Selbstbestimmung erhalten. Im Inklusionsprozess stehen wir als Gesellschaft noch ganz am Anfang. Wir arbeiten jetzt intensiver als je zuvor daran, dass alle Unternehmen Nischen für die Schwachen schaffen. Oft vergessen wir in der Hektik der Gestaltung der Gesellschaft auch die Tatsache, dass es nicht nur krankheitsbedingte Behinderungen gibt. Die eigentliche soziale Katastrophe ist die Langzeitarbeitslosigkeit und ihre Folgen für jeden Einzelnen. Ohne Struktur verlieren die Menschen das Zeitgefühl, fühlen sich nicht gebraucht und verhalten sich entsprechend. Diese Erkenntnisse sind nicht neu. Doch ihnen fehlt die Aufmerksamkeit. Gesamtgesellschaftlich wundern wir uns dann nur über die Symptome. Dazu gehören mangelnde Hygiene, Desinteresse, Suchtkrankheiten.
Die Internetseite des Inklusionsunternehmens paso doble arbeitet mit einem derben Schuss Humor. Wessen Idee war das und warum arbeiten Sie genau in diesem Stil?
M.W. So sind wir eben. Humorvoll und auch ein bisschen frech. Die Initialzündung hat unsere Marketingabteilung gesetzt. Dann haben wir es der Belegschaft vorgestellt. Alle stehen dazu. Wir wollen nicht in der Ecke abwarten, bis uns jemand abholt, sondern wir wollen selbstbewusst zeigen, was wir draufhaben. Sich auch ein wenig auf die Schippe nehmen, gehört dazu. Lachen gehört zum Handwerk.
Mit welchen Argumenten haben Sie überzeugt, dass Sie mit dem neuen Auftritt nun im Finale des Marketing Preises Dresden stehen?
M.W. Ich glaube, das war der Überraschungseffekt. Wir präsentieren eine Gruppe, die sonst immer im Hintergrund steht. Dass das bemerkt wird, ist ein erster Schritt zu gesellschaftlicher Akzeptanz der Inklusionsidee.