Um eines klarzustellen: Ungeachtet des Mediums, dessen ich mich hier gerade bediene, hege ich eine nicht wegzutherapierende Sympathie fürs gedruckte Wort. Manchmal gehe ich sogar so weit, dass ich Print-Ausgaben von Wochenmagazinen kaufe. Am liebsten an Donnerstagen, dem Zeitpunkt der leicht an Druck auf dem Kessel verlierenden Woche. Demnächst führe ich noch Schildkröten an einer Leine spazieren. Das wäre dann vermutlich das letzte Kriterium für einen Vormund.
Aber hier stehe ich und kann nicht anders: Ich liebe sie einfach - Titelseiten. Titelseiten, die sich von Monat zu Monat wiederholen, sich virtuos ungewollt ergänzen oder sich komplett selbst widersprechen. „Arbeit ist der neue Sex“ heißt es da schon mal beherzt, obwohl man sich vorher besorgt auf dem Titelblatt über die „Generation Arbeitslos“ gab. Aber Moment mal, wenn Arbeit der neue Sex ist, dann sind Arbeitslose sexuell nicht mehr verträglich oder einfach nicht sexy genug, um mal richtig durchgearbeitet zu werden? Ein Rätsel!
Wenig später ist auch das durch. Wir erfahren dann etwas über das „Erschöpfte Ich“, um dann erneut ins kalte Wasser gestoßen zu werden, weil mit „Stress! Na und?“ die journalistische Schulter gezuckt wird.
Bald werden einem auch „100 Gründe, Deutschland zu lieben“ genannt, aber unser Bundesland ist offensichtlich keiner davon, denn neuerdings heißt es immer öfter „Sachsen, ein Trauerspiel“. Sachsen, das Trauerspiel im deutschen Sommermärchen, wurde vermutlich nur nicht rechtzeitig abgetrieben, ein Sorgenkind, das gleich neben dem „Sitzen, die unterschätzte Gefahr“ in der Gefahren-Rankingsliste der Titelseiten geführt wird.
Beruhigend irgendwie, dass man sich im Leben und bei Titelthemen wenigstens auf eine Konstante verlassen kann: Die des Kampfes ums deutsche Abtropfgewicht: „Leichter schlank“, „Der Kampf ums Gewicht“ und „Weg mit dem Speck“ sind Aufmerksamkeitsgaranten quattro staggioni.
Ich aber möchte lösen: Die Gewichtsfrage in Deutschland lässt sich schnellstens in den Griff kriegen, wenn man sich des stressigen Sachsens entledigt. Dann haben all die Arbeitslosen bundesweit wieder Sex und können ihr erschöpftes Ich endlich wieder wirklich wichtigen Themen zuwenden: „Störfaktor Kind“ böte sich an. :-)