Winfried Stöcker zeigt sich unversöhnlich. «Ich bin überzeugt, dass ich damals etwas Gutes getan habe», sagte der Unternehmer voller Überzeugung in seinem Schlusswort im Prozess um eine Corona-Impfaktion. Wenn man sich die damals herrschende Notlage vor Augen führe, sei er als Arzt zum Helfen verpflichtet gewesen, sagte der 77-Jährige am Montag vor Gericht.
Wegen der Impfaktion mit einem nicht zugelassenen Corona-Impfstoff verurteilte das Amtsgericht Lübeck den Gründer der Firma Euroimmun zur Zahlung von 50 Tagessätzen zu jeweils 5000 Euro - insgesamt 250.000 Euro. Er habe ein nicht zugelassenes Arzneimittel vorsätzlich in Verkehr gebracht und damit gegen das Arzneimittelgesetz verstoßen, sagte Richter Jörg Fricke zur Begründung. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
Stöcker hatte mitten in der Corona-Pandemie im November 2021 am Lübecker Flughafen Blankensee - dessen Eigentümer er ist - eine Impfaktion mit dem von ihm entwickelten Impfstoff «Lubeca Vax» organisiert. Da der Impfstoff keine behördliche Zulassung hatte, galt die Impfung als illegal.
«Der Andrang war groß», schilderte eine Zeugin am Montag das Geschehen am Flughafen. «Ich hatte durch Mundpropaganda von der Aktion erfahren. Wir wurden von Herrn Stöcker über die fehlende Zulassung aufgeklärt, geimpft haben dann zwei Doktoren», sagte die 54-Jährige. Die Impfung sei schnell gegangen, und sie habe auch in den Tagen danach keinerlei Nebenwirkungen verspürt, sagte sie aus.
Vorn schweren Nebenwirkungen berichtete dagegen ein 72 Jahre alter Zeuge. «Einer meiner Freunde, ein pensionierter Arzt, hat kurz nach der zweiten Immunisierung eine Hirnvenenthrombose erlitten», sagte er. Ein Zusammenhang zwischen Impfung und der Erkrankung sei zwar nicht belegt, aber wegen des engen zeitlichen Zusammenhangs wahrscheinlich, sagte der Zeuge. Er habe seine Bedenken später auch dem Paul-Ehrlich-Institut (PEI) mitgeteilt. Das Institut ist in Deutschland unter andere für die Zulassung von Impfstoffen zuständig.
Mehrere Polizisten, die die Aktion schließlich beendet hatten, sagten, sie seien von den Anwesenden unfreundlich, bisweilen sogar feindselig empfangen worden. Es habe Unmutsbekundungen und auch Beschimpfungen gegeben, sagte ein Beamter. Eine Beamtin sagte, sie habe beobachtet, wie der Angeklagte eine weiße Styroporbox aus seinem Auto ins Flughafengebäude getragen habe. Was drin war, wisse sie aber nicht.
Stöckers Verteidiger, der Kieler Rechtsanwalt Wolfgang Kubicki und dessen Kollege Manfred Parigger aus Hannover, forderten für ihren Mandanten Freispruch. «Es gibt bis heute keine Hinweise darauf, dass unser Mandant die Bestandteile des Impfstoffes in seinem Labor hergestellt oder zusammengemischt hat», sagte Kubicki. «Auch darauf, dass er selbst geimpft haben könnte, gibt es keinen Hinweis.» Die Staatsanwaltschaft hatte beantragt, den Angeklagten zu einer Geldstrafe von 10.000 Euro zu verurteilen.
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