Die Werke des russischen Komponisten Dmitri Schostakowitsch (1906-1975) üben auf Publikum und Künstler weiter eine hohe Anziehungskraft aus. Auch zur 15. Ausgabe der Internationalen Schostakowitsch Tage Gohrisch in der Sächsischen Schweiz im Juni haben sich Stars des Musikbetriebes angekündigt. Wie der Veranstalter am Dienstag in Dresden bekannt gab, wollen unter anderen der Geiger Gidon Kremer, die Cellistin Marie-Elisabeth Hecker, Pianist Martin Helmchen und der Sänger Matthias Goerne anreisen. Neben dem Schaffen Schostakowitschs stehen Werke von Modest Mussorgsky und Alexander Raskatov im Mittelpunkt. Mussorgsky sei stilistisch und ästhetisch ein wichtiges Vorbild für Schostakowitsch gewesen, Raskatov trage die Schostakowitsch-Tradition in die Gegenwart, betonte Festivalchef Tobias Niederschlag.
Auf dem Programm des Festivals vom 27. bis 30. Juni stehen sieben Konzerte und eine Filmvorführung. Der Schostakowitsch-Preis geht an Irina Antonowna Schostakowitsch; die Witwe des Komponisten will selbst nach Gohrisch kommen. Auch Raskatov, der seit vielen Jahren in Frankreich lebt, hat sich angesagt. «Schon lange sind mir die Schostakowitsch-Tage in Gohrisch ein Begriff. Jetzt werde ich diesen geschichtsträchtigen Ort endlich einmal besuchen. Es bedeutet mir sehr viel, dass meine Musik in diesem einzigartigen Kontext erklingen wird», zitierte das Musikfest den Künstler. Er komplettiert derzeit ein von Schostakowitsch hinterlassenes Fragment - eine Romanze für Bass und Klavier. Das Stück soll mit Goerne und Alexander Schmalcz (Klavier) in Gohrisch uraufgeführt werden.
«Im 15. Jahr unseres Bestehens feiern wir den Komponisten Dmitri Schostakowitsch in Gohrisch mit einem prall gefüllten Programm. Ich freue mich auf namhafte Künstlerinnen und Künstler, die ihre Programme eigens auf unsere Festivalschwerpunkte ausgerichtet haben», sagte Niederschlag. Die Tatsache, dass viele der Mitwirkenden zum ersten Mal in Gohrisch zu Gast seien, zeuge von einer zunehmenden Attraktivität des Festivals. Der erneute Besuch von Irina Antonowna Schostakowitsch (89) sei eine besondere Ehre. «Mit ihr gemeinsam wollen wir in diesem Jahr vor allem auf das humanistische Erbe ihres Mannes blicken, das unter den gegenwärtigen politischen Umständen aktueller erscheint denn je.»
Die Schostakowitsch-Tage werden auch in diesem Jahr mit einem Sonderkonzert der Sächsischen Staatskapelle im Dresdner Kulturpalast eingeläutet. Am 26. Juni leitet Tugan Sokhiev eine Aufführung der 7. Sinfonie von Schostakowitsch, der «Leningrader». Sie war während der Blockade der Stadt durch die Wehrmacht entstanden. Später schrieb Schostakowitsch in seinen Memoiren: «Aber in ihr geht es nicht um die Blockade. Es geht um Leningrad, das Stalin zugrunde gerichtet hat. Hitler setzte nur den Schlusspunkt.»
Schostakowitsch war zweimal im idyllisch gelegenen Kurort Gohrisch in einem Gästehaus der DDR-Regierung zu Gast, zuletzt 1972 mit seiner Frau. Im Juli 1960 komponierte er hier sein legendäres 8. Streichquartett. Es gilt als eines der zentralen Kammermusikwerke des 20. Jahrhunderts und ist zugleich das einzige Werk, das er außerhalb der Sowjetunion schrieb. Wie seine 10. Sinfonie machte er das 8. Streichquartett zu einer Abrechnung mit Stalin.
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