Freibergs Oberbürgermeister Sven Krüger hat seinen umstrittenen Auftritt auf einem Ball im russischen St. Petersburg verteidigt. Einerseits brauche es Hilfe für die Kriegsflüchtlinge, andererseits einen Dialog, um zu friedlichen Lösungen zu kommen, sagte der parteilose Kommunalpolitiker am Donnerstag in einer Sitzung des Stadtrates. «Ich werbe für beide Wege.» Dieser Krieg dürfe nicht zu einem Dauerzustand werden. «Frieden ist das, was den Menschen in der Ukraine und in Russland am meisten helfen würde.»
In einer persönlichen Erklärung berief sich Krüger auf die Charta der Unesco. Er habe in seinem Grußwort davon gesprochen, dass für ihn Kultur und Wissenschaft die Brücke seien, die die Menschen wieder zusammenbringen werden. Er habe mit seinen Worten niemanden verletzen wollen, versicherte Krüger. «Sofern dies passiert ist, möchte ich aufrichtig sagen, dass mir das leid tut.» Zugleich akzeptiere er die Kritik an seinem Auftritt bei dem Ball.
Krüger hatte im August ein Grußwort beim Petrowski-Ball gehalten und war dort als Bürgermeister angekündigt worden. Er betonte im Stadtrat mehrfach, dass es eine privat bezahlte Reise gewesen sei, mit dem Ziel Freunde zu Treffen und Gespräche mit dem Rektor und Vize-Rektor der Gorni-Universität zu einem geplanten Denkmal für den russischen Universalgelehrten Lomonossow fortzusetzen. Dabei sei er kurzfristig von Hans-Joachim Frey zu dem Ball eingeladen worden.
Frey war langjähriger Organisator des Dresdner Semperopernballs. Voriges Jahr wurde er nach Querelen um Ordensverleihungen abgelöst. Der Ball, zu dem die Semperoper ihre Räumlichkeiten vermietete, war unter anderem wegen Ordensverleihungen an den russischen Präsidenten Wladimir Putin 2009 und den ägyptischen Präsidenten Abdel Fattah al-Sisi 2020 ins Zwielicht geraten. Putin war der sogenannte St. Georgs-Orden nach dem Angriff auf die Ukraine wieder aberkannt worden.
In seiner Rede auf dem Ball hatte Krüger das Wort Krieg vermieden, was nicht nur im Stadtrat auf scharfe Kritik gestoßen ist. Vielmehr hatte der Oberbürgermeister von «schwierigen Zeiten» gesprochen. Außerdem hatte er auf die langen Beziehungen zwischen seiner Stadt und St. Petersburg verwiesen sowie Kultur und Wissenschaft als Schlüssel «für eine gute Zusammenarbeit zwischen unseren beiden großen Nationen» bezeichnet.
Stadträte mehrerer Parteien hatten in einem Antrag eine Erklärung Krügers zu dem Auftritt verlangt. Bei dem Ball sei er eindeutig als Bürgermeister angekündigt worden, heißt es darin. Es wurde eine Begründung gefordert, warum er den Stadtrat nicht vorher informiert hat und dort keine Aussprache stattfand.
In der Sitzung am Donnerstag, zu der weit mehr als 100 Besucher gekommen waren, wurde ihm vorgeworfen, der Stadt einen Imageschaden zugefügt zu haben. «Es ist nicht Ihre Aufgabe, ein Schein-Diplomat zu sein», betonte eine Stadträtin. Es sei hochgradig unsensibel gewesen, den Ball mit Putin- und Kriegsunterstützern zu feiern, sagte eine andere Rednerin. Zumindest hätte er hierbei ein klares Nein zum Krieg in der Ukraine aussprechen müssen.
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