Die sächsischen Linken ziehen mit ihren Parteivorsitzenden Susanne Schaper (46) und Stefan Hartmann (56) an der Spitze in die Landtagswahl am 1. September. Schaper erhielt am Samstag auf einer Vertreterversammlung in Bautzen für den ersten Listenplatz 93,7 Prozent der Stimmen, Hartmann kam auf Platz 2 mit 88,6 Prozent. Gegenkandidaten gab es nicht.
Dahinter landeten nicht nur bekannte Gesichter. Mit Landtags-Vizepräsidentin Luise Neuhaus-Wartenberg und Fraktionschef Rico Gebhardt kamen gestandene Abgeordnete auf Platz 3 und Platz 4. Danach folgen mit Adelheid Noack und Paul Senf zwei Newcomer vor Marika Tändler-Walenta und Marco Böhme, die dem Parlament bereits angehören. Johanna-Marie Stiller und Frank Dittrich auf den folgenden Plätzen wären neu. Insgesamt wollten die Linken 60 Plätze auf der Landesliste besetzen. Die Aufstellung dauerte am Sonntag an.
Bei der letzten Landtagswahl 2019 hatten die sächsischen Linken 10,4 Prozent der Zweitstimmen erhalten. Nach aktuellen Umfragen müssen sie um den Wiedereinzug in das Parlament bangen, zuletzt kamen sie nur auf fünf Prozent. Der frühere Partei- und Fraktionschef Klaus Bartl sprach am Samstag von einer Schicksalswahl. Allerdings gibt es eine positive Entwicklung bei den Mitgliedern, eigenen Angaben zufolge sind es rund 6100.
Schaper und Hartmann hatten zuvor auf einem gesonderten Parteitag zum Wahlprogramm die Koalition in Sachsen attackiert. Hartmann setzte die Regierung von Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) mit «Stillstand und Stagnation» gleich. Sie begegne den «entscheidenden Aufgaben der Gegenwart mit Taktieren, mit Verzögern und insbesondere mit Nichtstun». Die Regierung scheitere schon an ihrem Koalitionsvertrag. Als Beleg nannte er die gescheiterte Verfassungsänderung und das Ausbleiben eines Vergabegesetzes.
Das Versagen der Regierung sei auch ein Versagen der SPD, sagte Hartmann im Beisein der sächsischen SPD-Chefin Kathrin Michel, die als Gast am Parteitag teilnahm. Die SPD sei nicht in der Lage, die Interessen der arbeitenden Menschen in Sachsen gegen die Union durchzusetzen. Auch am grünen Koalitionspartner der CDU äußerte Hartmann Kritik. Es reiche nicht aus, sich daran «zu ergötzen, dass man vermeintlich ja alles viel besser weiß»: «Dieses Land ist nicht in guten Händen. Dieses Land wird schlecht regiert.»
Schaper beschwor eine «kämpferische ostdeutsche Arbeiterbewegung». Sächsische Arbeiterinnen und Arbeiter würden nicht mehr aus Angst kuschen, sich in ein Heer von Arbeitslosen einreihen zu müssen. «Nein. Sie stehen auf und treten für ihre Interessen ein.» Schaper verwies auf die Mitarbeiter des Schrott- und Recycling-Betriebs SRW in Espenhain, die seit gut 150 Tagen im Streik sind. «Wir sagen Nein dazu, nach oben zu buckeln und nach unten zu treten. Wir sagen Nein zu einer Politik, die Gewinne privatisiert und Verluste vergesellschaftet.» Die Linken seien die «beste politische Sozialversicherung» für das Land.
Fraktionschef Rico Gebhardt äußerte Zweifel an Kretschmers Bekenntnis, nicht mit der AfD zusammenzuarbeiten. Dazu gibt es in der CDU eine klare Beschlusslage. Demnach lehnt sie Koalitionen und ähnliche Formen der Zusammenarbeit sowohl mit der Linkspartei als auch mit der Alternative für Deutschland ab. Gebhardt zufolge ist auf die Union aber kein Verlass. «Wer sich einbildet, die CDU wählen zu müssen, um Schlimmeres zu verhindern, der könnte sein blaues Wunder erleben», sagte er mit Blick auf die blaue Parteifarbe der AfD.
Das Wahlprogramm wurde bei einer Gegenstimme und drei Enthaltungen mit großer Mehrheit beschlossen. Es umfasst auf 87 Seiten vier Schwerpunkte: Neben dem Komplex Arbeitswelt, Wirtschaft und Klima geht es um soziale Daseinsvorsorge, Bildung sowie um Demokratie und gesellschaftlichen Zusammenhalt. Laut Hartmann ist das Programm von der «sozialen DNA» der Linken geprägt, die Linken seien die Interessenvertretung der arbeitenden Menschen. Man werde mit diesem Wahlprogramm stabil in den Landtag einziehen, war sich Hartmann sicher. «Die Linke ist geeint, sie ist aktiv und sie will Sachsen gerechter machen», hieß es.
Gravierende Veränderungen im Programm gab es im Vergleich zum Entwurf nicht. Ein Delegierter verlangte in erzgebirgischer Mundart die Änderung des Begriffes «Hutzenabend» in der Präambel und bekam dafür lautstarken Beifall. Im Programm heißt es nun mundartlich korrekt: «Sachsen ist Hutznohmd und Technoclub, Karl-May- Museum und Staatsoper, Freiwillige Feuerwehr und Kulturverein.»
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