Die Partei der Freien Wähler in Sachsen will nach einem Richtungsstreit als «Kraft der Mitte» einen Neuanfang wagen. «Verschwörungstheoretiker und Querdenker haben bei uns keinen Platz. Deswegen haben uns zum Jahresende einige Mitglieder wieder verlassen, die mit anderen Vorstellungen beigetreten waren», sagte Vize- Landeschefin Denise Wendt (26). Nun könne man sich wieder der Sacharbeit widmen.
«Der Bundesvorstand steht voll hinter dem Neuanfang in Sachsen. Ich erfahre große Unterstützung. Unser Bundesvorsitzender Hubert Aiwanger hat mir bereits zugesagt, uns bei der inneren Weiterentwicklung und der Bundestagswahl persönlich zu unterstützen», betonte Wendt, die die Partei bis zur Neuwahl führt. Man müsse jetzt sehr schnell zu geordneten Verhältnissen zurückkehren. Sie sei bereits mit einigen Kreisvereinigungen im Gespräch, damit die erforderliche Nachwahl rasch erfolge und man sich auf die Bundestagswahl konzentrieren könne.
Einen Termin für die Nachwahl gibt es Wendt zufolge noch nicht. «Die Sicherheit unserer Mitglieder hat oberste Priorität. Abhängig vom Infektionsgeschehen werden wir schnellstmöglich zu einem Wahlparteitag zusammenkommen.» Bis dahin bleibe sie im Kontakt mit einigen Kreisvorsitzenden. «Wir sind ein starkes Team, das diese Herausforderung meistert. Wir blicken der in 2021 anstehenden Bundestagswahl optimistisch entgegen.» Wendt zufolge sind nach der Austrittswelle von vormals 130 Parteimitgliedern 90 verblieben.
Wendt, die zugleich stellvertretende Bundesvorsitzende ist, äußerte sich auch zu inhaltlichen Positionen. Sachsen habe mit seinem starken Mittelstand eine gute Ausgangsposition. Diese gelte es auch mit Blick auf aktuelle Herausforderungen zu stärken. «Hierzu muss insbesondere der Bürokratieabbau für kleine und mittelständische Unternehmen vorangetrieben werden. Durch unsere starke Verflechtung mit unseren europäischen Nachbarländern sehen wir in der angestoßenen Europäischen Wasserstoffstrategie große Potenziale auch in Sachsen.» Diese wolle man durch zügigen Ausbau der Infrastruktur realisieren.
«Von der Erzeugung bis zu den Anwendungstechnologien muss der Forschungsstandort Sachsen weiter gestärkt werden. Damit alle Teile unseres Landes hier eingebunden werden können, setzen wir uns für gleichwertige Lebensbedingungen in Stadt und Land ein», betonte Wendt. Ländliche Gebiete und Ballungsräume müssten sich gleichermaßen entwickeln können, denn eine positive wirtschaftliche Entwicklung in der Region entlaste auch die boomenden Zentren. Dabei gehe es vor allem um den Ausbau der Digitalisierung und den Aufbau von Strukturen, die es jungen Leuten möglich machen, außerhalb der Großstädte zu vernünftigen Mietkonditionen zu leben.
Denise Wendt sieht das Potenzial der Freien Wähler, die bei der Landtagswahl in Sachsen 2019 auf 3,4 Prozent der Zweitstimmen kamen, noch nicht ausgeschöpft. «Wir werden auch in Sachsen erfolgreich sein. Das gelingt uns mit einer Politik der Zuversicht, die praktische Lösungen anbietet und nicht ideologisch ist. Wir sind kommunal verwurzelt, die unabhängigen Wählervereinigungen in den Kommunen sind unsere Basis.» Die Partei wolle deren verlängerter Arm in den Landesparlamenten sein. Man wolle dieses Netzwerk weiter ausbauen und die Zusammenarbeit verstärken.
Die Freien Wähler und Wählervereinigungen sind traditionell vor allem in den Kommunen stark. Bei den Gemeinderatswahlen 2019 erreichten unabhängige Wählervereinigungen 25,8 Prozent der Stimmen und mehr als 3000 Mandate. Der Landesverband der Freien Wähler umfasst etwa 950 Wählervereinigungen. Er ist als eingetragener Verein Parteiloser organisiert. Da Wählervereinigungen nicht bei der Landtagswahl antreten dürfen, wurde später die Landesvereinigung Freie Wähler Sachsen als Partei gegründet. Sie trat erstmals 2014 an und erreichte dabei 1,6 Prozent der Stimmen. 2019 konnte sie dieses Ergebnis im Grunde verdoppeln, scheitere jedoch an der Fünf-Prozent-Hürde.
Quelle: dpa - Deutsche Presse-Agentur GmbH