Mit einer neuen strategischen Ausrichtung und personellen Veränderungen an der Spitze haben Sachsens Grüne die Weichen für die kommenden Wahlen in Bund und Land gestellt. Zur neuen Co-Vorsitzenden bestimmte der Landesparteitag am Samstag in Glauchau (Kreis Zwickau) Christin Melcher. Für die 33-jährige Kreisverbandschefin aus Leipzig stimmten knapp 90 Prozent der gut 120 Delegierten. Jürgen Kasek wurde mit nur 59 Prozent der Stimmen als gleichberechtigter Landesvorstandssprecher in der Doppelspitze für eine zweite Amtszeit bestätigt. Zuletzt hatte er 63 Prozent erhalten. Zuvor war Kritik an der Konzentration des 36-Jährigen auf den Kampf gegen Rechtsextremismus und Rassismus laut geworden, hinter dem die Vermittlung anderer grüner Themen zurückgeblieben sei.
Melcher folgt als Co-Vorsitzende Christin Bahnert (35) nach, die aus familiären Gründen nicht mehr antrat. Die Wahl einer stellvertretenden Landesvorsitzenden scheiterte, da die einzige Kandidatin Diana-Viktoria Menzel (34) aus Dresden auch in zwei Wahlgängen nicht die erforderliche Mehrheit erhielt. Sascha Tümmler (40) wurde als Schatzmeister bestätigt. Nach längerer Vakanz gibt es auch wieder einen Landesgeschäftsführer: Derzeit noch bei den hessischen Grünen im Landtag beschäftigt, wird Kai Wächter (29) das Amt im Januar übernehmen.
Zum Auftakt des Parteitags hatten die Delegierten am Freitagabend einen Strategieantrag des Vorstands mit dem Titel «Für den Wandel in Sachsen - Zukunft Grün gestalten» ohne Gegenstimmen verabschiedet. Darin werden anhand der Themen «Erhalt der Lebensgrundlagen, soziale Gerechtigkeit und Demokratie» neue Leitlinien festlegt. Gerade angesichts zunehmenden Populismus' müsse den Menschen deutlich gemacht werden, dass es Antworten der Grünen auf die drängenden Fragen gebe, sagte Kasek.
«Wir dürfen nicht mit dem moralischen Zeigefinger rüberkommen und auch nicht abgehoben», warnte die Bundestagsabgeordnete Monika Lazar. Sie betonte das Ziel für die Bundestagswahl, künftig mit drei grünen Abgeordneten aus Sachsen in Berlin vertreten zu sein. Kasek verwies auf aktuelle Umfragewerte, die die Grünen bei sieben Prozent sähen. «Das ist uns nicht genug», betonte er.
Es gehe darum, grüne Politik auch denen zu vermitteln, die «aus anderen Milieus kommen», sagte Kasek. Dazu müsse man die Menschen ernst nehmen. «Und ernst nehmen heißt nicht, - so wie die CDU es macht - den Menschen auf den Mund zu schauen und ihnen nur nach dem Mund zu reden.» Vielmehr gehe es um Argumente und einen respektvollen Umgang in der Auseinandersetzung.
Grünen-Fraktionschef Volkmar Zschocke kritisierte die Arbeit der schwarz-roten Landesregierung, die er nicht in der Lage sehe, «die zentralen Probleme Sachsens auch nur ansatzweise zu lösen». Deshalb sei es gerade in Zeiten von Pegida an den Grünen, die ungelösten Zukunftsfragen anzugehen, «gemeinsam mit den Menschen im Land, die sich der globalen Entwicklung, der Modernisierung von Gesellschaft und Wirtschaft eben nicht verweigern».
Mit der Stärkung der Attraktivität ländlicher Räume wollen die Grünen der Spaltung von Stadt- und Landgesellschaft entgegenwirken. Der Parteitag verabschiedete ein Programm, das unter anderem die Förderung des ökologischen Landbaus, einer sicheren gesundheitlichen Versorgung, eines modernen und bedarfsgerechten Betreuungs- und Bildungsangebots, kleiner Unternehmen sowie einer flächendeckenden Verkehrs- und Breitbandversorgung vorsieht.
Mittlerweile gebe es in Deutschland mehr grüne Landwirtschaftsminister als schwarze, sagte der niedersächsische Ressortchef Christian Meyer als Gast des Parteitags. «Das zeigt, dass wir auch Agrar können.» Grüne stünden für nachhaltige Landwirtschaft und bessere Tierhaltung, «so wie die Gesellschachft es sich wünscht».
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