Die Grünen haben nach dem Sieg des AfD-Kandidaten bei der Oberbürgermeisterwahl in Pirna eine selbstkritische Analyse angemahnt. «Der Wahlsieg in Verbindung mit der niedrigen Wahlbeteiligung von 53 Prozent zeigt deutlich, dass demokratische Parteien, natürlich auch wir Grüne, zu viele Menschen aktuell nicht erreichen», erklärte Parteivorsitzende Marie Müser am Montag in Dresden. Alle demokratischen Parteien müssten an einen Tisch kommen und selbstkritisch analysieren, wieso dies der Fall ist und was man ändern müsse. «Klar ist: Es muss uns besser gelingen, gemeinsam mit den Menschen Antworten auf die drängenden Fragen unserer Zeit zu entwickeln und Lösungen umzusetzen.»
Mit Tim Lochner hatte am Sonntag erstmals ein Kandidat der AfD eine Oberbürgermeisterwahl in Deutschland gewonnen. Der 53-Jährige schlug im zweiten Wahlgang die CDU-Kandidatin Kathrin Dollinger-Knuth und den Parteilosen Ralf Thiele, der für die Freien Wähler ins Rennen ging. Lochner selbst ist gleichfalls parteilos und will nach eigenem Bekunden auch nicht in die AfD eintreten. Der AfD-Landesverband Sachsen war kürzlich vom Verfassungsschutz als gesichert rechtsextremistische Bestrebung eingestuft worden.
Parteivorsitzende Christin Furtenbacher sprach von einem «Dammbruch für Sachsen». «Es besorgt uns sehr, dass der Kandidat einer Partei, die erst vor wenigen Tagen als rechtsextremistisch eingestuft worden ist, das Rennen machen konnte.» Die AfD stelle eine große Gefahr für die Demokratie dar und dürfe nicht unterschätzt werden. «Umso wichtiger ist es, allen den Rücken zu stärken, die sich für ein demokratisches Miteinander einsetzen. Es wäre völlig falsch, jetzt ganz Pirna über einen Kamm zu scheren. Die Mehrheit in Pirna habe nicht AfD gewählt.
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