Der Sächsische Flüchtlingsrat kritisiert die Abschiebung von Familien aus dem Freistaat. 40 Prozent der im ersten Halbjahr abgeschobenen Menschen hätten hier als Familien gelebt, teilte der Flüchtlingsrat mit. «Immer mehr Familien abzuschieben, die sich zum Teil Jahre in Sachsen aufgehalten haben, ist weder ethisch vertretbar noch für die Bevölkerung nachvollziehbar», erklärte der Vereinssprecher Dave Schmidtke. Insgesamt seien 173 Frauen, Männer und Kinder betroffen gewesen.
«Der Schutz der Familie ist durch Artikel 6 des Grundgesetzes festgehalten, aber wer Kinder und Eltern von der Polizei abführen und in den Flieger setzen lässt, nimmt eindeutig deren Traumatisierung in Kauf», betonte Schmidtke. Die meisten Abschiebungen aus Sachsen fanden nach Georgien (78), Nordmazedonien (58), Tunesien (58) und die Türkei (36) statt. Über Missstände in diesen Ländern werde in Sachsen kaum noch gesprochen. Zudem habe es auch 18 Abschiebungen nach Venezuela gegeben.
Abschiebungen seien neben dem verursachten Leid für Betroffene extrem kostspielig und aufwendig, da über Monate Ressourcen sächsischer wie bundesweiter Behörden benötigt werden, lautet ein weiteres Argument des Flüchtlingsrates. Andere Instrumente wie die freiwillige Ausreise seien weitaus sinnvoller. «Hierfür entschieden sich im ersten Halbjahr 2024 mindestens 486 Personen in Sachsen – also deutlich mehr Menschen als abgeschoben werden konnten.»
«Wenn Abschiebungen für Einzelpersonen über 100.000 Euro kosten, muss deren Intention grundsätzlich hinterfragt werden. Es ist offensichtlich, dass mit solch exorbitanten Summen Integrationsangebote für das Vielfache an Menschen hätten organisiert werden können», bemängelte Schmidtke die aktuelle Praxis. Der Sächsische Flüchtlingsrat lehne die derzeitig inhumane Abschiebepraxis ab und fordere eine stärkere Fokussierung auf hiesige Integrationsmaßnahmen sowie Bleiberechtsperspektiven.
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