Die Spieler des FC Erzgebirge Aue sind ein Fall für den Psychologen. Meint zumindest der neue Cheftrainer Pavel Dotchev. Die zwei späten Gegentore beim 3:3 (0:1) am Freitagabend beim SC Paderborn seien einzig auf die Psyche zurückzuführen. «Das ist bei uns schon eine Krankheit. Wir haben schon so viele Punkte durch Gegentore in den letzten Minuten liegen lassen, das ist einfach nicht mehr normal», sagte der am vergangenen Mittwoch vom Sportdirektor zum verantwortlichen Coach beförderte Dotchev.
Natürlich wolle er damit nicht sagen, dass die Mannschaft psychisch krank sei, schickte Dotchev schnell hinterher und versuchte, das Auer Phänomen zu erklären. «In den Köpfen steckt bei uns tief drin, dass wir kurz vor Schluss immer Gegentore bekommen haben. Je länger das Spiel dauert, um so mehr fangen die Jungs an zu zweifeln und sich selbst zu verunsichern. Weil wir seit Wochen in so einer Situation sind, hat die Mannschaft nicht das notwendige Selbstvertrauen, um die letzten Minuten einfach so zu spielen, dass man ein Ergebnis auch über die Zeit bringt. Sie denken, hoffentlich bekommen wir kein Tor und dann bekommen wir es. Das ist reine Kopfsache», analysierte der Trainer.
Dimitrij Nazarov, der mit zwei Elfmeter-Toren maßgeblichen Anteil an der zwischenzeitlich komfortablen 3:1-Führung hatte, sah es ähnlich. «Wir bekommen zum x-ten Mal in der Nachspielzeit Tore. Das kann ein-, zweimal Pech sein. Aber irgendwann ist es auch mal zu viel. Was wir schon liegengelassen haben, ist unterirdisch», schimpfte er. Genau sind es mittlerweile acht Punkte, die die Sachsen in den Schlussminuten verloren haben.
Dabei gab es bis auf die Schlussphase nur wenig zu beanstanden am Auer Spiel. Vielleicht noch die Chancenverwertung in der Anfangsviertelstunde, in der man den Gegner komplett beherrschte. «Die Mannschaft hat einen sehr guten Fußball gespielt. Das war sehr wichtig, dass die Spieler sehen, dass sie guten Fußball können», lobte Dotchev. Auch, wie die Auer den Rückstand weggesteckt haben, weiter das Spiel nach vorn suchten und sich mit drei Toren belohnten, begeisterte den Trainer. «Nach dem 3:1 hatte ich das Gefühl, dass sich die Mannschaft befreit hat», meinte Dotchev.
Die Gegentore zum Schluss lassen die Auer wieder mit einem schlechten Gefühl in die restlichen zehn Spiele gehen. 30 Punkte gibt es noch zu holen, doch dies als Ziel auszugeben, wäre illusorisch. «Wir werden jetzt nicht mehr auf die Tabelle schauen, sondern nur von Spiel zu Spiel. Wir müssen sehen, dass wir seriös und sauber bis zum Schluss spielen», betonte Dotchev.
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