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Ost-Clubs wehren sich gegen Pyro-Strafen: Worum geht es in der Debatte?

Symbolbild: © unsplash.com (Das abgebildete Symbolfoto dient der Veranschaulichung der Thematik, ohne die Aktion direkt darzustellen.)
Symbolbild: © unsplash.com (Das abgebildete Symbolfoto dient der Veranschaulichung der Thematik, ohne die Aktion direkt darzustellen.)

Ostdeutsche Vereine fordern die Abschaffung von Strafen für Pyrotechnik. Die Debatte spaltet Fans und Verbände.

Pyrotechnik spaltet den Fußball: Für einige Fans ist sie ein unverzichtbarer Bestandteil der Stadionkultur, für andere eine gefährliche und deshalb verbotene Praxis. 15 ostdeutsche Fußballvereine haben eine Initiative ins Leben gerufen, die nun erneut in den Fokus rückt. Wir fassen die wichtigsten Aspekte der Debatte zusammen.

Hintergrund der Initiative

Dresden/Leipzig – Der Slogan „Pyrotechnik ist doch kein Verbrechen“ ist längst ein fester Bestandteil der Fankultur. Doch wenn bengalische Feuer und Rauchschwaden das Stadion in gleißendes Licht hüllen, entstehen auch Konflikte mit Verbänden und Sicherheitsbehörden.

Besonders brisant wurde die Thematik zuletzt beim Spiel zwischen Hansa Rostock und Dynamo Dresden, als Pyrotechnik-Einsätze zu einer halbstündigen Spielunterbrechung führten. Raketen und Böller wurden zwischen den Fanblöcken hin- und hergeschossen, wodurch mehrere Dutzend Personen, vor allem im Dresdner Fanbereich, verletzt wurden.

In ihrem offenen Brief aus dem Januar 2024 fordern 15 ostdeutsche Vereine und Fangruppen die Abschaffung der Verbandsstrafen für nicht missbräuchlich eingesetzte Pyrotechnik. Ausdrücklich ausgenommen ist der gezielte Einsatz gegen Personen oder das Werfen auf das Spielfeld. Die Klubs argumentieren, dass die bestehenden Sanktionen die Vereine finanziell stark belasten, ohne die Nutzung von Pyrotechnik wirksam zu reduzieren.

Positionen der Vereine und Fans

Die unterzeichnenden Vereine, darunter Dynamo Dresden, der 1. FC Lok Leipzig und Chemie Leipzig, kritisieren, dass trotz der stetig steigenden Strafen die Zahl der Pyrotechnik-Vorfälle nicht zurückgegangen sei. Jörg Püschmann, Vorstand von Erzgebirge Aue, erklärte in der Sächsischen Zeitung, dass sich die aktuelle Bestrafungspraxis als ineffektiv erwiesen habe: „Die Androhung von Strafen verhindert nicht den Einsatz von Pyrotechnik. Das Ziel wurde also verfehlt. Nun geht es darum, andere Wege zu finden.“

Ein Blick in die Stadien zeigt, dass Pyro-Choreografien weiterhin weit verbreitet sind – von der Bundesliga bis hinunter in den Amateurfußball. Nach der Corona-Zeit hat sich dieser Trend nochmals verstärkt.

Reaktion der Verbände

Der Präsident des Nordostdeutschen Fußballverbandes (NOFV), Hermann Winkler, lehnt die Abschaffung der Strafen entschieden ab. In der Sächsischen Zeitung äußerte er: „Pyrotechnik im Stadion ist verboten. Diese Regel gilt in allen Stadien, und daran halte ich fest. Auch eine in bester Absicht eingesetzte Rakete kann Unbeteiligte gefährden.“

Nach den Vorfällen in Rostock sieht Winkler keine Grundlage für eine Lockerung der Regeln. Er zeigte sich jedoch gesprächsbereit bezüglich der Verwendung der eingenommenen Strafgelder. In der Leipziger Volkszeitung erklärte er, dass er sich für einen gesonderten Haushaltstitel einsetzen wolle, aus dem präventive Maßnahmen finanziert werden könnten.

Wirtschaftliche Auswirkungen der Strafen

Für Vereine sind die Strafen eine erhebliche finanzielle Belastung. Dynamo Dresden musste in dieser Saison bereits 188.200 Euro an den DFB zahlen – die höchste Summe aller Drittligisten. Allein 119.100 Euro entfielen auf das DFB-Pokalspiel gegen Darmstadt 98, bei dem über 260 Bengalos gezündet wurden. Laut Sächsischer Zeitung liegt Erzgebirge Aue bei 41.520 Euro, während Lok Leipzig in der vergangenen Saison rund 50.000 Euro an Strafen und BSG Chemie Leipzig wettbewerbsübergreifend 2023/24 rund 40.000 Euro Geldstrafen für den Einsatz von Pyro zahlen musste.

RB Leipzig, das sich nicht an der Initiative beteiligt, wurde bislang nicht belangt, allerdings laufen noch Ermittlungen des DFB wegen Vorfällen in Berlin und Leipzig.

Internationale Regelungen und Alternativen

Während Pyrotechnik in den meisten europäischen Ländern verboten ist, gibt es in Norwegen ein Pilotprojekt zur kontrollierten Nutzung. Dabei müssen die verantwortlichen Fans über 18 Jahre alt, geschult und nüchtern sein.

Auch die sogenannte „kalte Pyrotechnik“ wird immer wieder als Alternative diskutiert. Diese brennt mit etwa 200 Grad statt 2000 Grad, wurde jedoch in Deutschland 2019 getestet und als ebenfalls brandgefährlich eingestuft. In der Sächsischen Zeitung hieß es, dass sich Werder Bremen und die Stadt nach einer Untersuchung gegen deren Freigabe entschieden hätten.

Fazit: Hat die Initiative eine Chance?

Nach den jüngsten Vorfällen in Rostock ist die Erfolgsaussicht der Initiative praktisch gleich null. Bereits im Oktober hatte DFL-Aufsichtsratschef Hans-Joachim Watzke klargestellt, dass eine Legalisierung nicht infrage komme. In der Sächsischen Zeitung betonte er: „Es ist einfach gefährlich. Die Vereine sind die Veranstalter von Spielen und können das nicht erlauben.“

Hansa Rostock hat nach den Ausschreitungen im eigenen Stadion seine Unterstützung für die Initiative vorerst zurückgezogen. Der Vorstandsvorsitzende Jürgen Wehlend erklärte in der Sächsischen Zeitung: „Wir kehren erst einmal vor unserer eigenen Tür und sorgen dafür, dass wir zu Hause klare Spielregeln haben.“

Obwohl die Diskussion weitergeht, bleibt es unwahrscheinlich, dass die Verbände von ihrer strikten Haltung abrücken werden. Die Initiative dürfte damit kaum Aussicht auf Erfolg haben.