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Vorsicht bei der Übernahme eines Online-Shops

Symbolbild Umsatz / pixabay 200degrees
Symbolbild Umsatz / pixabay 200degrees

Wer ein Unternehmen von einem Company Builder kaufen möchte, sollte genau hinschauen. Es gibt durchaus Möglichkeiten einem Betrüger auf den Leim zu gehen.

Der Onlinehandel boomt, Amazon vermeldet fast täglich neue Rekorde. Doch nicht nur die großen Plattformen laufen sehr gut. Es gibt jede Menge kleine und große Onlineshops, deren Umsätze immer weiter steigen und damit auch für Übernahmen oder Beteiligungen interessant werden. Je besser die Erfolgsgeschichte, desto interessanter für einen Investor.

Es gibt aber nicht nur eCommerce Unternehmen, die Dinge im Netz handeln. Es gibt auch Unternehmen die mit eCommerce Unternehmen handeln beziehungsweise diese mit dem Ziel eines Verkaufs aufbauen, sogenannte „Company Builder“. Diese Unternehmer suchen sich ein interessantes eCommerce-Feld aus, investieren in die Technologie, in Waren und Personal und entwickeln das Unternehmen nach und nach. Der Aufbau kann bis zu vier Jahren dauern, in dieser Zeit sollte die Absatz- und Umsatzkurve nach oben zeigen, damit es auf dem Papier eine Erfolgsgeschichte wird.

Können Umsätze in Online-Shops manipuliert werden?

Wer nicht wirbt, der stirbt! Diese Regel ist auch im stark wachsenden Onlinemarkt wichtig. Um Käufer in den Onlineshop zu lotsen ist es am Einfachsten die großen Netzwerke zu nutzen. Google AdSense und Facebook Advertising bieten hier sehr gute Möglichkeiten zur netzwerkübergreifenden Schaltung von Anzeigen.

Im Grunde ist das Anlegen von Shopping-Anzeigen nicht sehr schwer. Interessanter wird es dann, wenn es um das Monitoring und die Optimierung der Anzeigen geht, denn das kostet Zeit und bedarf einer gewissen Datenaffinität. Wer das nicht leisten kann, hat die Möglichkeit eine Agentur zu beauftragen. Ab hier wird es spannend, denn die Plattformen bieten die Möglichkeit, dass die Werbeaktivitäten von Unternehmen A (Onlineshop) über das Werbekonto von Unternehmen B (z.B. die Agentur) abgewickelt werden. Die Agentur berechnet dann das ausgegebene Budget plus eine Handling-Fee (30 bis 100 Prozent) an das beauftragende Unternehmen weiter. Und genau an dieser Stelle öffnen sich Tür und Tor für Betrüger. Denn die Funktion, die für Agenturen entwickelt wurde, kann auch durch anders verbundene Unternehmen missbraucht werden.

Jedes Produkt in einem Onlineshop sollte in der Kalkulation einen kalkulierten Anteil für Werbung haben. Dieser kann, abhängig vom Produkt zwischen 5 und 25 Prozent pro umgesetzten Euro liegen. Bei einem Produkt mit einem Verkaufspreis von 20 Euro könnten also 5 Euro pro verkauftes Produkt kalkuliert werden. Werden diese 5 Euro voll ausgeschöpft sinkt die Marge. Wenn jedoch die Gesamtkalkulation stimmt und der Händler immer noch einen Gewinn erzielt, dann kann das Modell skalieren. Denn der Händler weiß nun, dass er mit den eingesetzten 5 Euro zielsicher 20 Euro Umsatz und x Euro Gewinn macht. Über den Dreisatz kann man dann ziemlich sicher sagen, wie viel Geld man einsetzen muss, um das Jahresziel zu erreichen.

Ungesund ist es, wenn auf Dauer 1 Euro Werbegeld 1 Euro Umsatz generiert und vielleicht sogar noch ein Verlust pro Kauf entsteht. Steigende Umsätze lassen sich auch über diesen Weg erzeugen, nur eben zu welchem Preis.

Ja, der Aufbau eines Unternehmens kostet am Anfang Geld und ob es wirklich nachhaltig funktioniert, kann keiner wirklich von Beginn an sagen.

Lassen sich Erfolgsgeschichten künstlich erzeugen, um ein Unternehmen attraktiver zu machen?

Mit etwas krimineller Energie geht das. So wie der uns vorliegende Fall es zeigen soll. Der Company Builder Ronny W. (Name geändert) hat 2015 mit seiner damaligen Freundin Sabine T. (Name geändert) das Unternehmen Topolini.de aufgebaut und 2019 verkauft. Aus den uns vorliegenden Unterlagen geht hervor, dass mindestens über ein drittes Werbekonto der Firma, in der W. damals als CMO geführt war, Kampagnen im 5-stelligen Euro-Bereich für Topolini.de beauftragt und über diese Firma an Google bezahlt wurden. Technisch funktionieren derartige Konstruktionen auch bei Facebook. Auch bei Amazon konnten in der Vergangenheit Werbeetats von einem Verkäuferkonto A über ein Verkäuferkonto B verrechnet werden.

Über ein derartiges Konstrukt können künstlich Erfolgsgeschichten entworfen werden. Mehr Werbegeld führt zu mehr Umsatz und wenn dieses nicht in den Kosten des eigentlichen Unternehmens auftauchen, steigt automatisch der Gewinn. Mit steigenden Gewinnen in der Bilanz, steigt auch die Erwartung zukünftig noch höherer Gewinne und damit der Verkaufspreis des Unternehmens. Am Ende kann es dann mehr als lohnenswert sein, auch wenn man die Kosten der Drittfirma mit einbezieht.

Worauf müssen also Käufer eines bestehenden Onlineshops achten?

Wenn ein Angebot zum Kauf eines Onlineshops vorliegt, dann darf man sich nicht unter Druck setzen lassen. Die nachfolgenden Punkte sollten bei einem seriösen Kauf möglich sein.

1. Vereinbaren Sie eine Kaufabsichtserklärung mit entsprechender Verschwiegenheitsvereinbarung, falls es nicht zum Kauf kommt.

2. Schauen Sie sich alle zum Onlineshop gehörigen Konten genau an.
- Verkäuferkonten (Amazon, Shopify, Shopware, Etsy, eBay, …)
Werbekonten (Google, Facebook, Amazon, ...)
- Paypal-Konten
- Bankkonten

3. Stellen Sie die Werbekosten und die Umsätze gegenüber (ist das Verhältnis gesund?)

4. Überprüfen Sie die Abrechnungen (Paypal, Bankkonto, ...)

5. Schauen Sie sich die einzelnen Kampagnen genau an.
Gibt es einzelne Posts / Anzeigen mit extrem vielen Likes / Interaktionen, dann deutet das auf einen sehr hohen Werbeetat oder gekaufte Likes und Kommentare hin. Insbesondere dann, wenn ähnlich Anzeigen viel weniger Interaktionen hervorriefen.

6. Beobachten Sie die Aktivitäten (Werbeetat / Umsatz / Verbuchung) über einen längeren Zeitraum von 4 bis 6 Wochen und vergleichen Sie sie mit der Vergangenheit.

7. Stellen Sie Fragen und lassen Sie sich nicht überrumpeln.

8. Schauen Sie sich den Markt und den Wettbewerb sehr gut an.

9. Denken Sie positiv, entwickeln Sie Ideen und bleiben Sie skeptisch.

10. Fragen Sie den Verkäufer, warum er verkaufen möchte.
Ist er ein Company Builder, dann fragen Sie nach Referenzen und sprechen Sie mit den ehemaligen Käufern. 
- Sind es private Gründe, sollten sie plausibel sein.

11. Prüfen Sie, ob der Verkäufer tatsächlich Inhaber der zum Verkauf stehenden Marke ist. Falls nicht, prüfen Sie vor dem Kauf, ob die Marke schützenswert ist. Die hierfür anfallenden rund 700 Euro sind im Vergleich zu einem Markenrechtsstreit gut investiertes Geld.