Der Prozess gegen den Musiker Gil Ofarim wegen Antisemitismus-Vorwürfen gegen ein Leipziger Hotel startet am 7. November. Insgesamt habe die 6. Strafkammer des Landgerichts Leipzig zehn Verhandlungstage bis zum 7. Dezember angesetzt, teilte das Gericht am Freitag mit. Der dann 41-Jährige muss sich wegen des Vorwurfs falscher Verdächtigung und Verleumdung verantworten.
Ofarim hatte am 4. Oktober 2021 in einem viral gegangenen Video geschildert, dass ein Mitarbeiter des Leipziger Hotels ihn aufgefordert habe, seine Kette mit Davidstern abzunehmen, damit er einchecken könne. Der Musiker erstattete später Anzeige, aber auch der betroffene Hotelmitarbeiter wehrte sich und zeigte seinerseits den Musiker wegen Verleumdung an.
Die Staatsanwaltschaft hatte in den darauffolgenden Monaten einen großen Aufwand betrieben, um aufzuklären, was in der Hotellobby vorgefallen ist. Es wurden zahlreiche Zeugen befragt, ein Digitalforensiker wertete Aufnahmen von Überwachungskameras aus dem Hotelbereich aus. «Nach Auffassung der Staatsanwaltschaft hat sich in der Gesamtschau der hieraus gewonnenen Erkenntnisse das Geschehen, wie es von Gil Ofarim in seinem veröffentlichten Video geschildert worden ist, tatsächlich so nicht ereignet», hatte die Anklagebehörde mitgeteilt.
Stattdessen gebe es einen hinreichenden Tatverdacht dafür, dass Ofarim das Video «mit dem Wissen um die Unwahrheit seiner Aussagen» aufgenommen und gepostet habe. Wegen der besonderen Bedeutung des Falles habe die Staatsanwaltschaft die Anklage nicht zum Amtsgericht, sondern zum Landgericht Leipzig erhoben.
Die 6. Strafkammer des Landgerichts Leipzig hatte bereits im Vorjahr die Anklage unverändert zugelassen. Das Gericht hatte zudem einen sogenannten rechtlichen Hinweis erteilt, dass im Falle einer Verurteilung möglicherweise auch der Tatbestand der üblen Nachrede erfüllt sein könnte. Der betroffene Mitarbeiter des Hotels tritt im Prozess laut Gericht als Nebenkläger auf. Für Ofarim gilt bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens die Unschuldsvermutung.
Der Prozess war ursprünglich im vorigen Herbst geplant gewesen, wurde jedoch kurzfristig verschoben. Das Landgericht hatte dies damit begründet, dass zunächst alle offenen Fragen geklärt werden sollten. Um das Verfahren hatte sich ein heftiges juristisches Tauziehen entwickelt. Die Verteidiger des Musikers hatten den Vorsitzenden Richter am Landgericht Leipzig als befangen ablehnten. Das Landgericht wies dies jedoch als unbegründet zurück, und das Oberlandesgericht lehnte die Beschwerden dagegen ebenfalls ab.
Inzwischen hat ein anderer Richter den Vorsitz der 6. Strafkammer am Landgericht übernommen. Dies habe aber nichts mit den Befangenheitsanträgen zu tun, betonte eine Gerichtssprecherin. Der damalige Vorsitzende habe eine andere Strafkammer übernommen. Die Verteidigung Ofarims hat sich trotz Anfrage bislang noch nicht geäußert.
Gil Ofarim wurde in München geboren, er ist der Sohn des 2018 gestorbenen israelischen Sängers Abi Ofarim.
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