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Gemeinsamkeiten statt Unterschiede: Ost-West-Vergleiche sind so hilfreich wie ein Kropf

Symbolbild Menschen / pixabay Engin_Akyurt
Symbolbild Menschen / pixabay Engin_Akyurt

Umfragen, Parteien und Medien sorgen dafür, dass sich der Osten immer schlechter fühlt. Muss er aber nicht. Denn der unentwegte Ost-West-Vergleich nervt.

Der Ost-West-Vergleich, der in Umfragen und Diskussionen immer wieder auftaucht, verdeutlicht eine tief verwurzelte Spaltung in der Wahrnehmung zwischen Ost- und Westdeutschland. Auch 35 Jahre nach der Wiedervereinigung zeigt sich in den Antworten der befragten Ostdeutschen, dass viele Menschen sich im Vergleich zum Westen benachteiligt fühlen. Doch ist dieser Vergleich tatsächlich noch zeitgemäß oder gar nützlich?

Vergleiche haben oft das Potenzial, Ungleichheiten zu verstärken und negative Gefühle zu schüren. Wenn wir uns ständig mit anderen messen, verlieren wir leicht den Blick auf die individuellen Gegebenheiten und Besonderheiten der verschiedenen Regionen. Ein Vergleich suggeriert, dass es eine "bessere" und eine "schlechtere" Seite gibt, was die Realität jedoch oft nicht widerspiegelt.

In Dresden beispielsweise gibt es sowohl Millionäre als auch Normalverdiener – genauso wie in westdeutschen Großstädten. Auf dem Land, sei es in Sachsen oder Bayern, ist das Leben ohnehin anders als in der Stadt. Die Lebenswirklichkeiten sind vielfältig und unterscheiden sich nicht nur zwischen Ost und West, sondern auch zwischen Stadt und Land, zwischen verschiedenen sozialen Schichten und zwischen jungen und alten Menschen.

Es ist wichtig zu erkennen, dass Unterschiede in den Lebensbedingungen nicht zwangsläufig schlechter oder besser sind, sondern einfach anders. Jede Region hat ihre eigenen Herausforderungen und Stärken. So kann das Leben in einer ostdeutschen Kleinstadt andere Vorzüge bieten als in einer westdeutschen Metropole. Statt also Unterschiede zu vergleichen, sollten wir das Bewusstsein schärfen, dass Vielfalt und Unterschiedlichkeit bereichernd sein können.

Die fortwährende Fixierung auf den Ost-West-Vergleich birgt die Gefahr, dass Vorurteile auf beiden Seiten verstärkt werden. Wenn 77 Prozent der Befragten glauben, dass Westdeutsche Vorurteile gegenüber Ostdeutschen haben, und fast die Hälfte der Ostdeutschen auch umgekehrt Vorurteile gegenüber Westdeutschen sieht, entsteht ein Klima des Misstrauens und der Spaltung. Diese Spaltung wird durch ständige Vergleiche nur weiter zementiert.

Statt also den Fokus immer wieder auf den Vergleich zwischen Ost und West zu richten, sollten wir den Blick nach vorne richten. Es ist an der Zeit, die Einzigartigkeit jeder Region anzuerkennen und die Unterschiede als Teil der gesamtdeutschen Realität zu akzeptieren. Das Vergleichen wird nicht dazu beitragen, das Gefühl der Benachteiligung zu überwinden. Vielmehr sollten wir auf die positiven Entwicklungen und die Vielfalt in den Regionen schauen, die das Leben in Deutschland so einzigartig machen.

In diesem Sinne ist es wichtiger, sich auf die Gemeinsamkeiten und die spezifischen Herausforderungen zu konzentrieren, die es in jeder Region zu bewältigen gilt, anstatt Unterschiede als Mangel zu sehen. Nur so kann ein wirkliches Verständnis und ein Zusammenwachsen auf Augenhöhe gelingen. Der Ost-West-Vergleich hat ausgedient – es ist an der Zeit, die Diversität innerhalb Deutschlands als Stärke zu begreifen und wertzuschätzen.

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Hier hat Thomas Wolf laut gedacht.