Im Biosphärenreservat Oberlausitzer Heide- und Teichlandschaft hat der Anbau alter Getreidesorten seit 2007 eine Renaissance erlebt. Mehr als zehn solcher gefährdeten einheimischen Nutzpflanzen seien in den zurückliegenden Jahren getestet worden, sagte Eva Lehmann, die in der Verwaltung des Unesco-Schutzgebietes für dieses Projekt verantwortlich ist. Außerdem konnten mittlerweile regionale Kreisläufe zur Verarbeitung des Getreides aufgebaut werden. Neun Landwirtschaftsbetriebe, eine Mühle, 16 Bäckereien, vier Brauereien und eine Mälzerei seien als Partner daran beteiligt.
Nach Angaben von Lehmann werden in diesem Jahr sechs alte Getreidesorten angebaut, darunter Waldstaudenroggen, Alter Pommerscher Dickkopfweizen sowie Braugerste mit klangvollen Namen wie «Heines Goldthorpe» und «Dr. Francks Grannenabwerfende Imperialgerste». Mit Jägers Norddeutschem Champagnerroggen hatte das Projekt 2007 auf 0,5 Hektar Ackerboden begonnen. 2023 umfasste die Anbaufläche insgesamt 188 Hektar, nachdem sie sich zwischenzeitlich auf 275 Hektar erhöht hatte.
Im Gegensatz zu Züchtungen, wie sie heute meist in der Landwirtschaft zum Einsatz kommen, bringen alte Getreidesorten geringere Erträge, hieß es. Allerdings kämen viele davon auch auf nährstoffarmen Böden zurecht, seien witterungsresistent sowie weniger anfällig gegenüber Schädlingen und Krankheiten. Durch den weitgehenden Verzicht auf mineralische Dünge- und Pflanzenschutzmittel könnten sich auf solchen Feldern Ackerwildkräuter wie die Kornrade entwickeln, die in Mitteleuropa nur noch selten anzutreffen sei.
Das Biosphärenreservat Oberlausitzer Heide- und Teichlandschaft ist eines von bundesweit 18 dieser Schutzgebiete und das einzige in Sachsen. Es gehört mit gut 30.000 Hektar Fläche eher zu den kleinen seiner Art, ist aber für einen großen Artenreichtum bekannt. Mehr als 5000 Pflanzen- und Tierarten sind im Reservat nachgewiesen, darunter etwa 1200 Arten, die auf der Roten Liste stehen. Unter dem Motto «30 Jahre Biosphärenreservat - Mensch mit Natur im Wandel» wird von Freitag bis Samstag gefeiert - unter anderem mit einer Festveranstaltung und Exkursionen.
«Das Biosphärenreservat steht modellhaft für echte Nachhaltigkeit. Hier werden Naturschutz, Landnutzung, Kultur und Regionalentwicklung gemeinsam mit vielen Beteiligten umgesetzt», erklärte Sachsens Umweltminister Wolfram Günther am Freitag. Die Prägung durch alte Kulturlandschaften einerseits und ehemalige Tagebaue andererseits mache das Biosphärenreservat besonders interessant, so der Grünen-Politiker, der für eine Rundfahrt in dem Gebiet unterwegs war.
1990 wurde laut Ministerium der zentrale Teil des Gebietes als Landschaftsschutzgebiet von zentraler Bedeutung unter Schutz gestellt. 1994 - vor 30 Jahren - erfolgte die einstweilige Sicherstellung als Biosphärenreservat. Im Jahr 1996 wurde die Anerkennung als 13. Unesco-Biosphärenreservat in Deutschland ausgesprochen.
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