Die Stadt Dresden hat das Gedenken an ihre Zerstörung im Zweiten Weltkrieg mit einer Friedensbotschaft verknüpft. Während Kranzniederlegungen auf Friedhöfen am Montagvormittag vor allem der Erinnerung an die Opfer galten, soll eine Menschenkette am Nachmittag in der Innenstadt vom gemeinsamen Willen nach Frieden und Versöhnung künden. Nach Ansicht von Oberbürgermeister Dirk Hilbert (FDP) geht es darum, angesichts des Krieges in der Ukraine als Gemeinschaft zusammenzustehen und ein deutliches Signal zu setzen. So hatte er es im Aufruf zur Teilnahme an der Menschenkette formuliert.
Am Vormittag legte Hilbert gemeinsam mit Abordnungen von Dresdens Partnerstädten Coventry und Ostrava an einem Denkmal auf dem Heidefriedhof weiße Rosen nieder. Die englische Stadt Coventry war bereits im November 1940 bei Angriffen der deutschen Luftwaffe bombardiert worden. Am 13. Februar 1945 und in den Tagen danach legten britische und US-amerikanische Bomber die Innenstadt von Dresden in Schutt und Asche, bis zu 25.000 Menschen wurden getötet.
Der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge lud zum stillen Gedenken auf den Nordfriedhof ein. Dort sind ebenfalls Opfer der Luftangriffe bestattet. Landtagspräsident Matthias Rößler verlas im Beisein von etwa 100 Menschen das Totengedenken. Der Volksbund ging schon im Vorfeld auf die Debatte um die Opferzahlen von Dresden ein. «Die fruchtlose Diskussion um die Zahl der Toten vergiftete lange Zeit die Atmosphäre des Gedenkens, und noch immer finden die amtlichen Zahlen der Historikerkommission von 2010 Kritiker», hieß es.
Um die Opferzahl ranken sich Spekulationen. Offizielle Stellen gingen lange von rund 35.000 Toten aus, manche Quellen nennen 250 000 oder mehr - dafür gibt es aber keine Belege. Der Zahlenstreit hatte die Stadt 2004 bewogen, eine Expertenkommission einzuberufen. Nach ihren Erkenntnissen kamen maximal 25.000 Menschen ums Leben. Sie verwies darauf, dass auch die Dresdner Behörden im März 1945 von dieser Zahl ausgingen. Die NS-Propaganda habe jedoch die Gesandtschaften im neutralen Ausland angewiesen, Opferzahlen von bis zu 200 000 Toten zu nennen. Als Bestandteil einer «Mythologisierung der Zerstörung Dresdens» sei diese Angabe später weiterverwendet worden.
Dresden erinnert jedes Jahr bei zahlreichen Veranstaltungen an seine Zerstörung. Das offizielle Programm reicht vom stillen Gedenken auf Friedhöfen und an der Frauenkirche über einen Friedenslauf, Mahnwachen etwa am Denkmal der Trümmerfrau, Kundgebungen gegen Rechts bis zu Gottesdiensten und einem Gedenkweg. Vereinzelt stellten Bürger schon am Montagmittag an der Frauenkirche Kerzen auf. Das Gotteshaus gilt als Mahnmal der Angriffe und wurde mit internationaler Hilfe bis 2005 wieder aufgebaut.
Die Staatskapelle Dresden und die Dresdner Philharmonie planten zur Erinnerung an die Tragödie am Abend Gedenkkonzerte. Zum Zeitpunkt des ersten Angriffs sollten kurz vor 22 Uhr die Glocken aller Kirchen in der Innenstadt läuten.
Rechtsextreme missbrauchen das Dresden-Gedenken schon seit langem für ihre Zwecke und wollen mit Aufmärschen die Schuld Deutschlands am Zweiten Weltkrieg relativieren. Einem Aufzug von etwa 1000 Neonazis stellten sich am vergangenen Samstag Hunderte Menschen entgegen. Die Polizei sicherte die Demonstrationen mit einem Großaufgebot ab und wollte auch am Montag Präsenz zeigen.
Copyright 2023, dpa (www.dpa.de). Alle Rechte vorbehalten