Ein Gastkommentar auf dieser Plattform rief eine ganze Menge Kritik, aber auch Zustimmung hervor. André Langerfeld, der im vergangene Sommer für die Freien Wähler für den Landtag kandidierte, bezeichnet die Demonstrationen gegen Rechts am Wohende in Riesa als in Wahrheit geplanten zivilen Ungehorsam, um die Staatsmacht herauszufordern. Riesa war ein Kampfgebiet, wo Einsatzkräfte der Polizei in der Ausübung ihres Auftrags „Rettungswege und Zufahrtswege freizuhalten“ gestört werden sollten.
Das sieht ein Blogger auf dieser Plattform ganz anders. Lukas Breuer hält die Beschreibung von Riesa als „Kampfgebiet“ als eine klare Verzerrung der Realität. Der Gastkommentar bediene sich emotional aufgeladener Begriffe, die bewusst ein Bild von Chaos und Gewalt erzeugen sollen. "Tatsächlich zeichnete sich der Protest durch eine klare, gewaltfreie Ausrichtung aus, so Breuer. Unterschiedlichste Gruppierungen einigten sich auf den Konsens, dass von den Demonstrierenden keine Eskalation ausgeht. Dieser Konsens wurde durch vorbereitende Trainings gestützt, in denen das Aushalten von Gewalt – etwa durch Polizeieinsätze – geübt wurde, um selbst friedlich zu bleiben, berichtet Breuer.
Die Protestformen, vor allem Sitzblockaden, waren explizit auf Deeskalation ausgerichtet. Selbst potenziell harmlose Gegenstände wie Scheren aus Sani-Sets wurden entfernt, um jedes Missverständnis zu vermeiden. Die Darstellung von Riesa als „Kampfgebiet“ entbehre daher jeglicher faktischer Grundlage und dient offensichtlich dazu, legitimen Protest zu delegitimieren. Der Gastkommentar von André Langerfeld sei ein Lehrstück dafür, "wie journalistische Plattformen durch unkritische Veröffentlichung von Meinungsbeiträgen zur Verbreitung verzerrter und polarisierender Darstellungen beitragen können. Medien haben eine besondere Verantwortung, Beiträge sorgfältig zu prüfen und einzuordnen – insbesondere, wenn diese politische Bewegungen und demokratische Grundrechte betreffen."
Unterstützung im Netz
Diese Meinung erhielt eine Menge Unterstützung im Netz. So fragt Matthias Gottschalk, was die Hetze gegen die Demonstranten soll? Es gab doch Fehlverhalten auf beiden Seiten, auch von der Polizei. Peer-Oliver Mann schreibt, dass es doch recht gesittet zuging.
Waren die Proteste verfassungsfeindlich?
Eine KI scheine sich offensichtlich nicht so sehr im Verfassungsrecht auszukennen, bemerkt Torsten Küllig aus Dresden. Sonst hätte sie Herrn Breuer sicherlich darauf hingewiesen, dass die Freiheitlich Demokratische Grundordnung (FDGO) auf acht Säulen beruht. Zu den Prinzipien der freiheitlichen demokratischen Grundordnung gehören nach Entscheid des Bundesverfassungsgerichts von 1952 (BVerfGE 2,1) die Achtung der im Grundgesetz festgeschriebenen Menschen-, Persönlichkeits- und Freiheitsrechte, die Achtung der Volkssouveränität, die Gewaltenteilung, die Verantwortlichkeit der Regierung, die Gesetzmäßigkeit der Verwaltung, die Unabhängigkeit der Gerichte, das Mehrparteienprinzip und das Recht auf verfassungsmäßige Bildung und Ausübung von Opposition durch Chancengleichheit aller Parteien. Das Parteienprivileg des Art. 21 Grundgesetz stattet daher politische Parteien nicht ohne Grund mit einer erhöhten Schutz- und Bestandsgarantie aus. Insbesondere lege Art. 21 Abs. 4 GG die Entscheidung über die Verfassungswidrigkeit einer politischen Partei ausschließlich in die Hand des Bundesverfassungsgerichts. Bis zur Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts kann niemand die Verfassungswidrigkeit einer Partei rechtlich geltend machen.
Diejenigen, die also öffentlich gegen die Abhaltung eines in § 9 und § 13 Parteiengesetz vorgeschriebenen Parteitages vorgehen, verstoßen damit gegen die FDGO und verhalten sich nach meiner Überzeugung damit selber verfassungsfeindlich. Küllig empfiehlt mehr Gelassenheit im Umgang mit der AfD.
Replik: Verharmlosung von strafbaren Handlungen
Der Gastkommentator Andre Langerfeld reagierte selbst noch einmal. Lukas Breuer verharmlose in seiner kritischen Einordnung die strafbaren Handlungen und Gewalt von Extremisten. Er verwechselt in seinem Blog Recht mit Unrecht und führt Ursache und Wirkung ins ad absurdum. Der Anlass (Ursache) für die Ausnahmesituation am 11. Januar in Riesa war der reguläre AfD-Parteitag in der „WT-Arena“. Den Organisationen der Gegendemonstranten ging es darum, Straßen und Wege zu blockieren und die öffentliche Ordnung gezielt lahmzulegen, um die Veranstaltung zu stören. Friedliche Demonstranten wurden von Antidemokraten aus der linksextremen Szene in Geiselhaft genommen.
In der Folge (Wirkung) von rechtswidrigen Blockaden der Rettungswege und Zufahrtsstraßen: 30 verletzte Polizeibeamte, erhebliche Verschmutzungen durch Müll, Fäkalien, Schmierereien und Aufkleber, ein massiv eingeschränkter ÖPNV, Sachschäden an Fahrzeugen der Einsatzkräfte, Bewegungseinschränkungen und Lärmbelästigungen für die Anwohner. Medizinisches und Pflegepersonal, Rettungsfahrzeuge und Versorgungsfahrzeuge mussten längere Wege und Verzögerungen in Kauf nehmen. Vermummte, teils mit Sturmmasken, verbreiteten mit Kampfparolen Angst und Schrecken. Sogenannte Aktivisten provozierten die Polizeikräfte, folgten nicht den Anweisungen und stellten die Einsatzkräfte in der Ausübung ihres Auftrages vor enorme Herausforderungen.
Das Versammlungsrecht nach Art. 8 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) wurde von den extremen Gegendemonstranten im groben verletzt. Statt zu verharmlosen, sollte Herr Breuer sich besser informieren und demokratische Grundrechte respektieren. Die Meinung von Herrn Breuer zeigt wie vergiftet unsere Demokratie ist. Deshalb werbe ich für eine neue Kultur des Politischen. Wir müssen uns den Wert der Demokratie zurückholen. Wir brauchen einen gewaltfreien Weg zur Erneuerung der Demokratie, hin zu einer gelebten Demokratie.
Anmerkung der Redaktion:
Gelebte Demokratie ist tatsächlich ein Widerstreit der Meinungen. Nur im konstruktivem Austausch wird etwas Gutes entstehen. Diese Plattform soll offen bleiben für alle Meinungen, sofern sie nicht die freiheitlich demokratische Grundordnung und damit das Grundgesetz verletzen. Es gibt gute Argumente für Demos zum AfD-Parteitag in Riesa, aber auch gute Argumente dagegen. Wir sollten sie austauschen. Auch zu anderen kontroversen Themen.