Von Ulf Mallek
Die deutschen Bunker standen auf einer Küstenlinie von rund 5.000 Kilometer von Frankreich über Belgien, Holland, Deutschland, Dänemark bis nach Norwegen. 17.000 schwer armierte Bunker, die von annähernd 100.000 leichteren Bunkeranlagen flankiert wurden, sollten die Invasion der Alliierten im zweiten Weltkrieg verhindern oder zumindest verzögern. Fast 13 Millionen Tonnen Stahlbeton wurden unter Leitung der Organisation Todt von Hunderttausenden Zwangsarbeitern, Kriegsgefangenen, aber auch einheimischen Baufirmen, die damit viel Geld verdienten, errichtet. Der Atlantikwall war von 1940 bis 1944 eines der größten Bauprojekte im zweiten Weltkrieg.
Das Militärhistorisches Museum Dresden eröffnete am Donnerstagabend eine Fotoausstellung der niederländischen Fotografin Annett van de Voort mit dem Titel The Wall. Die Künstlerin, die heute bei Münster in Nordrhein-Westfalen lebt, hat drei Jahre lang die Bunker gesucht, gefunden und fotografiert. Etwa 6.000 Fotos von hunderten Bunkern hat sie mit nach Hause gebracht. Für ein Buchprojekt wurden 142 verwendet. Eine Auswahl der Fotos ist jetzt in Dresden zu sehen. Sie zeigt die architektonische Vielfalt, die teilweise skurrile Einbettung in die Küstenlandschaft und die eigentümliche Faszination, die die Zeugnisse von Brutalität und Zerstörung noch immer ausüben.
Die Fotoarbeit war schwierig, weil es keine Übersicht der Bunker gibt. Frau van de Voort hat sie zumeist in Google Maps ausgemacht. Zudem konnte sie nicht bei Sonne fotografieren, weil es da zuviel Schlagschatten gab. Sie musste geduldig auf Wolken warten. Sonne, Salz, Ebbe und Flut haben den Bauwerken über die Jahre stark zugesetzt. "Sie verfallen langsam, aber sicher", sagte van der Voort. Ihre Dokumentation bewahrt sie für kommende Generationen auf. Einige Bunker, so van de Voort, werden zu Museen umgebaut.
Das Interesse an der Ausstellungseröffnung war riesengroß. Die Besucher saßen dicht an dicht. Da die Stühle nicht reichten, gab das Museum Klapphocker aus. Vielleicht lag der Andrang auch an einer Person, die die geschichtliche Einordnung der Fotos vornahm: Prof. Sönke Neitzel. Er ist der einzige Professor für Militärgeschichte in Deutschland. Seiner Meinung nach war der Bau des Atlantikwalls zwar nicht vollständig sinnlos, aber er konnte die Invasion am 6. Juni 1944 nicht verhindern. Zu stark war die Überlegenheit der Aliierten, die am ersten Tag mit etwa 156.000 Soldaten (hauptsächlich aus den USA, Großbritannien und Kanada) an fünf Stränden (Utah, Omaha, Gold, Juno, Sword) von Bord gingen. Bis Ende Juni waren über 850.000 Soldaten in der Normandie gelandet.
Die Invasion wurde von einer Flotte von rund 7.000 Schiffen unterstützt, darunter etwa 1.200 Kriegsschiffe (Schlachtschiffe, Kreuzer, Zerstörer), 4.100 Landungsboote und zahlreiche Versorgungsschiffe sowie 11.000 Flugzeuge. Dem hatte die Wehrmacht nicht mehr viel entgegenzusetzen, trotz des späteren Einsatz von mehreren SS-Panzerdivisionen in Nordfrankreich.
Der Direktor des Militärhistorischen Museums der Bundeswehr Oberst Rudolf J. Schlaffer kündigte zwei weitere Ausstellungen zum zweiten Weltkrieg an: im Oktober eine zum Thema Wunderwaffen und im November eine über Zeitzeugen aus einem Divisionstab.
Sonderausstellung The Wall vom 21. März bis 31. Dezember 2025 im Militärhistorischen Museums der Bundeswehr, Olbrichtplatz 2 01099 Dresden.
Öffnungszeiten:
Montag 10 - 21 Uhr Dienstag, Donnerstag, Freitag, Samstag, Sonntag 10-18 Uhr Mittwoch geschlossen