Sachsen setzt bei der Betreuung Pflegebedürftiger künftig verstärkt auf ausländisches Personal. Denn in den kommenden zehn Jahren benötigt der Freistaat angesichts der demografischen Entwicklung zusätzlich 5.000 Fachkräfte in diesem Bereich. Gesundheitsministerin Petra Köpping (SPD) flog deshalb vor einem Jahr nach Brasilien, nun gab es in Pulsnitz ein Wiedersehen.
«Es nützt ja nichts, wenn ich nur dasitze und sage, wir haben kein Pflegepersonal und wir können bestimmte Leistungen nicht mehr erbringen. Ich habe Pflegeeinrichtungen, da ist eine ganze Etage geschlossen, weil niemand da ist, der die Menschen pflegt», beschrieb Köpping das Problem. Deshalb laute der Ansatz «selber machen». Das Warten auf irgendjemanden, der das Problem löst, sei jedenfalls nicht die Lösung.
Vamed Klinik hat Personal aus 17 Ländern
Der Vamed Klinik Schloss Pulsnitz misst Köpping dabei eine Vorreiterrolle zu. Die Klinik im Landkreis Bautzen kümmert sich schon seit zehn Jahren um ausländische Fachkräfte. Momentan gibt es hier Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus 17 Ländern, darunter aus Afghanistan, Großbritannien, Iran, Russland, der Ukraine und Venezuela. Laut Klinik-Chef Carsten Tietze liegt der Ausländeranteil unter den Beschäftigten bei 15 Prozent. Die größte Gruppe stammt aus Brasilien.
Klinik arbeitet mit Gütesiegel «Faire Anwerbung»
Tietze rechnet perspektivisch mit mehr als 20 Prozent ausländischen Fachkräften. Der Geschäftsführer spricht von einem «pragmatischen Ansatz». «Wir fragen nicht viel. Wir sehen das Problem und versuchen, Lösungen zu finden und probieren bestimmte Dinge aus.» Seine Klinik arbeite dabei mit dem Gütesiegel «Faire Anwerbung». Es schließt aus, dass Fachkräfte geworben werden, wenn es in dem betreffenden Land selbst Bedarf gibt.
Die Brasilianer, die aktuell in Pulsnitz lernen, besitzen bereits ein abgeschlossenes Pflegestudium. In ihrer Heimat rund um die Stadt Recife waren sie allesamt arbeitslos. In einer einjährigen Ausbildung werden sie nun für die Arbeit in einer deutschen Klinik fit gemacht. In erster Linie geht es um bessere Sprachkenntnisse. Alle sechs Wochen wird zwischen Theorie und praktischer Arbeit auf der Station gewechselt.
Junge Brasilianer wollen sich in Deutschland ein Leben aufbauen
Die meisten haben sich nach eigenem Bekunden gut eingelebt. «Deutschland ist ein gutes Land. Wir können uns hier ein Leben aufbauen», sagt eine junge Frau namens Ellen. Ein Teilnehmer der Ausbildung beschreibt die Deutschen als «freundlich, geduldig und empathisch». Das Schwerste an der Ausbildung sei die deutsche Sprache, heißt es immer wieder. Mit dem Wetter scheint keiner Probleme zu haben. Alle haben das erste Mal in ihrem Leben Schnee gesehen.
Ederson Rodrigues ist schon seit vier Jahren in Pulsnitz. Der 34-Jährige arbeitet unterdessen auch als Mentor für seine Landsleute. «Je besser man die deutsche Sprache spricht, desto weniger Probleme gibt es.» Klar, manche hätten manchmal auch Heimweh. Er selbst kompensiere es mit zwei jährlichen Besuchen in der Heimat. Brasilien sei nun sein Urlaubsland. In Pulsnitz fühle er sich sehr wohl: «Wir sind hier eine große Familie.»
Eine junge Frau hat ihren Mann und ihr Baby in Brasilien zurückgelassen und wünscht sich sehr, dass es endlich mit der Visa-Erteilung klappt. Ihr Mann ist IT-Spezialist, nach Ansicht von Köpping würde er eigentlich auch dringend in Deutschland gebraucht. Die Vamed Klinik streckt unterdessen schon weiter ihre Fühler aus. Auch Ärzte will Geschäftsführer Tietze künftig im Ausland akquirieren. Im kommenden Jahr erwartet er die ersten aus Kolumbien.
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