In Sachsen haben sich CDU und SPD auf einen 110 Seiten umfassenden Koalitionsvertrag verständigt. Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) und der sächsische SPD-Vorsitzende Henning Homann stellten den Vertrag in Dresden vor. Noch müssen die Mitglieder beider Parteien dem Koalitionsvertrag aber zustimmen.
CDU und SPD Parteien bilden eine Minderheitsregierung - um Beschlüsse zu fassen oder Gesetze zu erlassen, fehlen ihnen 10 Stimmen, sie müssen dann jeweils Abgeordnete anderer Parteien auf ihre Seite ziehen.
Die festgehaltenen Dinge stünden ein Stück weit unter Haushaltsvorbehalt, betonte Kretschmer, der sich noch vor Weihnachten erneut zum Ministerpräsidenten wählen lassen will. Er sprach von einem «beeindruckenden Werk». Eine Auswahl der wichtigsten Punkte:
Einigung zum Haushalt
Der Haushaltsentwurf soll bis März stehen, bis zum Sommer will Schwarz-Rot einen Beschluss im Landtag erzielen. Laut Kretschmer gilt es, eine «finanzielle Notlage» zu bewältigen. Mehr Geld soll durch geringe Zahlungen in den Generationenfonds zur Verfügung stehen, mit dem der Freistaat die künftigen Pensionen von Beamten absichert. Die Zuführungen sollen um 270 Millionen Euro pro Jahr reduziert werden, um Investitionen in anderen Bereichen zu ermöglichen.
Einsparungen soll es auch bei den aktuell 96.000 Angestellten der Landesverwaltung geben. Ein zusätzliches finanzielles Polster soll durch die Streckung der Schulden aus der Zeit der Corona-Pandemie entstehen. Auch auf die Haushaltsausgleichsrücklage wollen CDU und SPD zurückgreifen.
Ein Sondervermögen, der sogenannten Sachsenfonds, soll durch Investitionen in staatliche Infrastruktur die digitale Verwaltung und die Transformation der Wirtschaft stärken.
Geplant ist auch ein «Sachsengeld», das den Kauf der ersten selbstgenutzten Wohnimmobilie erleichtern soll.
Asyl und Migration
CDU und SPD wollen die irreguläre Migration begrenzen. So sollen unter anderem abgelehnte Asylbewerber aus sicheren Herkunftsstaaten direkt aus Erstaufnahmeeinrichtungen abgeschoben werden können. Damit sollen die Kommunen entlastet werden.
Nach dem Willen von Schwarz-Rot sollen zudem Grenzkontrollen an sächsischen Außengrenzen verstetigt und das System einer Bezahlkarte für Asylbewerber flächendeckend im Freistaat eingeführt werden. Neben der Beschleunigung von Asyl-Klageverfahren an Verwaltungsgerichten gehört auch ein sächsisches Pilotprojekt für ausreisepflichtige Personen zu den Vorhaben - diese sollen künftig zügiger den Freistaat verlassen. Dahinter verbirgt sich gewissermaßen die Erprobung eines Ausreisezentrums.
Polizei und innere Sicherheit
Die Polizeistärke soll bis zum Ende der Legislaturperiode im Jahr 2029 von knapp 14.600 auf rund 15.000 Beamte steigen. Zusätzliche Bedienstete sollen vor allem als Bürgerpolizisten im ländlichen Raum eingesetzt werden oder Reviere verstärken.
Beide Parteien sprechen sich zudem für die Einrichtung einer sächsischen Grenzpolizei aus. «Es ist unser Anliegen, die Grenzkriminalität sowie die Schleusungsdelikte zurückzudrängen», heißt es. Zudem soll die Polizei mit mehr Befugnissen ausgestattet werden: Laut Koalitionsvertrag soll der Einsatz von Bodycams in Wohnungen und Privaträumen geprüft werden sowie befristete gesetzliche Grundlagen für präventive Befugnisse der Quellen-Telekommunikationsüberwachung – bei Terrorismusgefahr oder zur Verhinderung schwerster Kapitalverbrechen.
Bildung und Kultur
CDU und SPD wollen das letzte Kita-Jahr zu einem verpflichtenden, kostenfreien Vorschuljahr machen, um Kindern den Einstieg in die Schule zu erleichtern und Unterschiede im Leistungsniveau auszugleichen. Die Kosten dafür liegen laut Kretschmer im dreistelligen Millionenbereich.
Ab Januar 2027 soll es laut Vertrag drei Tage Qualifizierungszeit für Ehrenamt und Beruf geben. Auf diese Weise will die schwarz-rote Koalition dem Volksantrag Rechnung tragen, der eine fünftägige Bildungszeit für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer fordert.
Ministerien
Die künftige Regierung will die Zahl der Minister von 11 auf 10 senken, die Zahl der Staatssekretäre von 15 auf 11. Man wolle ein Zeichen setzen in dieser besonderen Zeit, betonte der CDU-Vorsitzende Kretschmer.
Laut Vertrag soll die CDU die Ministerien für Innen, Finanzen, Justiz und Kultus sowie die Staatskanzlei behalten. Hinzu kommen demnach Landwirtschaft und Umwelt und ein neu geschaffenes Infrastrukturministerium. Die Ministerien für Wissenschaft sowie Kultur und Tourismus werden zu einem Haus vereint und bleiben ebenfalls in Händen der CDU.
Die SPD soll wie bisher das Sozialministerium und das Wirtschaftsministerium besetzen.
Zeitplan und Wahl des Ministerpräsidenten
Am Donnerstag will der SPD-Landesvorstand über die Ergebnisse beraten, die Führung der sächsischen CDU tagt am Freitagabend dazu. Bei der SPD ist die Zustimmung zum Koalitionsvertrag vom Mitgliedervotum abhängig. Das soll in den nächsten Tagen starten, das Ergebnis aller Voraussicht nach Ende kommender Woche vorliegen.
Die CDU lässt bei einem Parteitag am 14. Dezember über den Koalitionsvertrag abstimmen. Am 18. und 19. Dezember finden Landtagssitzungen statt. Eine Tagesordnung steht zwar aktuell noch nicht fest - die Wahl des Ministerpräsidenten wäre dann aber möglich.
CDU und SPD verhandelten seit Mitte November über die Bildung einer Minderheitsregierung. Weil ihnen zu einer Mehrheit im Landtag zehn Stimmen fehlen, haben sie einen sogenannten Konsultationsmechanismus angekündigt, mit dem die Opposition - inklusive AfD - frühzeitig bei Gesetzesvorhaben eingebunden werden soll.
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